Volltext: Österreichischer Volkskalender 1936 (1936)

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putzt di gründli aus. An den Draht derfft net rüh 
ren, der ziagt da den Rest von dein Leiden aus 'n 
Leib." Dann darf der Mich! no fünf Schilling 
schwitzn, bedankt st schön, und recht langsam 
geht er ho-am. Ganz ölendi is eahm, immer lang 
samer geht's voran, immer öfter muß er rastn. 
Endli stacht er die Lichter vom Steinkreuzhos. Dort 
sitzen die Bäuerin und die Wabi vor 'm Haus am 
Bank! und belästign den armen Mich! no mit tau 
send Fragn. Er gibt ihnen den Tee zum Einwoachn, 
damit s' a Ruah gebn, und fallt todmüd auf sein 
Strohsack. Nit amal den Draht hat er gspürt, so 
fest hat er gschlafen, bis die Wabi um viere in der 
Fruah mit 'n plattvollen Teehaferl kimmt. „Was 
willst denn scho wieder, sekkants Weibsbild? — 
„Oba Michl, i bring dir ja dem Hannes sein 
Tee." — A so, no so gib her des Gföff, vielleicht 
nutzt's do was." Tapfer trinkt er das Heferl bis 
zum letztn Tropfn aus. „Pfui Teufl, is das a 
grauslichs Gsöff, macht nix, vielleicht wirkt's um so 
besser." Der Michl will aufstehn, doch der Boden 
wackelt unter seinen Büßen, die ganze Kamma 
tanzt wüld um eahm herum. Liaber wär er zu 
seiner Arbeit gangn, aber des Teufelszeug in sein 
Magn macht eahm ganz damisch. Gscheit is er, der 
Boanrichter, aber sein Draht um d' Mitt druckt 
sürchterli! Wahrscheinlich muß des a so sein. Recht 
granti duselt er so dahin, da wird eahm plötzli 
totenübel und drin im Leib schneidt's und zwickt's 
als wären tausend Teufel drin. Ganz zittri schlupft 
er in sei Hosn und laust über 'n Hos — du armer 
Michl, so geht's bis am Nachmittag, der Bader 
und die Wabi habn's gar zu guat mit ihrem Tee 
gmoant. Auf d' Nacht is der Michl ganz schwach, 
und er, der sonst so gsund und frisch ausschaut, is 
gelb im Gsicht und hat eingfallene Augen. Und 
z'letzt fallt eahm der Doktor ein. Am nächsten Tag 
in der Fruah zwickt er mit der Zang dem Bader sein 
Draht weg, rollt ihn aus und legt ihn in sei Truhen. 
Von dem braucht neamd was z' wissen. Der Bauer 
selber führt ihn zum Doktor mit sein Zeugl. Der 
Doktor untersucht net lang und schickt den Michl 
gleich in die Stadt ins Spital. Weil's eahm gar 
so elendi is, so folgt der Michl, in Gotts Nam. 
Sie fahren hoam, er holt st sei Binkerl, sitzt wieda 
auf auf 'n Wagn. Die Bäuerin, die Wabi, die 
Kinder, das ganze Gsind, alle stehn da. Die Weiber 
trocknen si mit der Schürzn die Äugn, die Kinder 
sind dem Oberknecht neidi, zwegen der interessanten 
Roas, und die Knecht machen ihre Witz: „Paß auf, 
Michl, was st da auhafchneiden, am End hat die 
Wabi was in die Knödl einitan." „Pfüat Gott 
alle mitanand!" „Hüah", der Braun zieht an und 
trabt ftadtwärts, die Landstraße entlang. 
Im Spital wird dem armen Michl ganz würfli. 
Was die alls mit eahm treibn, des is was ganz 
Fürchterlichs. Sein Magen wird abgriffen, beklopft, 
durchleucht, photographiert. „Die drahn di ja no 
ganz um", denkt der Michl, und macht im Stillen 
sein Testament: Sei Sparkassabüchl kriagn die 
Kinder vom Springer Naz, sei Truhen mit n 
Gwand meintwegn die Wabi und sei Pfeifn der 
Jungknecht, der Hans, iatzt war er allweil brav 
seit der Watschenkur. Still laßt der Oberknecht alls 
über sich ergehen, nur wia s' eahm die Äthermaskn 
übers Gsicht legn walln, reiht er st aba und haut s' 
fort. „I brauch des Teufelszeug net, kennt's a 
a so an mir umanand schneiden." Er gibt net 
nach, der Michl, der Herr Primär muß wirkli aus 
die Narkos' verzichtn. 
Jetzt is der Michl scho vier Wachn im Spital, 
Saal Nr. 32/2, hat sich schon an Büles gwöhnt, halt 
gwöhnen müssen. An „Polyp", 'sagn s', Ham f 
eahm aus ’n Magn außagschnittn. Seit er aus 'n 
Bett is, is dem Michl fei Hamur und a sei Appetit 
wieder da. Aber, aber die Spitalkost: a Suppn, a 
Koch, a Koch und wieder a Suppn, a Mülli und des is 
alls. Der Oberknecht hat an mords Hunger. „Zwoa 
Knödln nur", bitt er den Herrn Primär, „oder 
nur an oanzigen"; aber der ist unerbittli: „Diät — 
Diät", sagt der Dokta allweil. „Was hoaht denn 
des ,Diät'", fragt der Michl amal sein Bettnachbar. 
„Des hoaßt, des hoaßt Müllifupperll, glaub i, auf la 
teinisch." „Ja, ja, kann eh sein!" In einemsort sinniert 
der Michl, denn der Hunger wird gar arg, wie a si 
da helfn kunnt. Er probiert's. die Pflegerin herum- 
zkriegn, daß st eahm hoamli a paar Knödl bringt, 
.... aber ganz umasonst, de tuat's net. Amal 
geht er in Spitalsgarten auf und a, da kommt er 
nah zum Zaun und hört auf amal: „Krrr, bim, bim." 
Das muß der Michl gnauer sehn, er druckt si durchs 
Buschwerk hin zum Straßenzaun. Aha, des is die 
Elektrische und da is a Tafel dran „Zum Haupt 
platz". Dort war er schon, der Oberknecht, wie er 
für 'n Bauer am Steueramt gwesn is. Ja, ja, am 
Hauptplatz, da gibt's a Wirtshaus, und im Wirts 
haus a wunderbars Gulasch mit Knödl. Des war 
was für 'n Michl! Es wassert eahm der Mund, 
iglet möcht er hinführn. Aber im gstroaften Spitals- 
gwand kann er net fort. Wie kunnt er des an 
fangen! Not und Hunger machen erfinderisch und 
a kleine Lug is dann a ehender erlaubt. 
Am nächstn Morgn steht der Michl net auf, 
die Schwester kommt und mahnt: „No, was is's 
denn, Rogler Michl, warum liegt Er noch im Bett?" 
„Ja, liebe Schwester, mi friert gar so vül in dem 
Spitalsgwandl, heut in der Nacht hat's mi grad 
wi>e an Bam dein Dunnerwetter gschüttelt, weil 
mi gestern den ganzn Tag gfrorn hat." Besorgt 
mißt die Schwester dem Mich! feine Temperatur, 
die ist aber ganz in der Ordnung, also muß er 
aufstehen. „Bitt gar schön, liabe Schwester, kunnt 
i net mei eigens Gwand haben, i bin nimm« jung 
und brauch do die frische Luft, weil i's von da- 
Hoam gwohnt bin, und im Garten ziagt's a so."
	        
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