Volltext: Österreichischer Volkskalender 1936 (1936)

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Von Dora Hetzendorf 
Der Michl, der ghört zum Hausstand vom Stein 
kreuzhof wie 's Amen zum Gebet. „Der war fcho 
alleweil da", meint der Hans, der Jungknecht, als 
ihn einmal der Viehhändler fragt, ob den-n der 
Großknecht fcho lang am Hof is, weil fei Wort gar 
fo viel beim Bauern gilt. Jaa! Der Michl, der is 
fcho als Halterbua im Steinkreuzhof gwesn, hat 
dann nachanand die Kinder vom Bauern im Wa 
gerl gfchobn, is bei aller Arbeit alleweil fleißig 
gwefn, is gwachfn wie a junga Bam und eins, 
zwei is aus dem Haltabuam a flotter Bursch und 
der beste Jungknecht vom Bauern wordn. Dann 
hat der Michl dem Bauern sein Ältesten, dem 
Franz, die Loater beim Fensterln ghalten. Denn 
dem Bruckenmüller sei Dirndl, die Annerl, hat 's 
Kammerfenfter akrat ober m Vach, und da is's 
schwer, an festen Stand für ü' Loater findn. Beim 
Jungbauern feiner Hochzeit hat der Michl am lau 
testen gjuchezt und die meiftn Krapfn gessn. Dem 
altn Bauern und feiner Bäuerin hat er beim Aus 
zug gholfen, wie's dem jungen Paar, dem Franz 
und feiner Anna, den Hof übergebn habn. 
So laufn die Jahr dahin und jetzt fitzt der Michl, 
der Oberknecht, am Feierabend auf der Bank vor 
'm Haus, dem Jungbauern sein Kloanftn am 
Schoß, rechts und links vom Michl die klonn 
Dirndln, und der Franzl Nr. 2 loahnt an feine 
Knie. Dem altn Michl wind ganz warm und woach 
ums Herz, des kunntn feine eignen Enkelkinder 
sein. Dann verzählt er die allerschönstn Gschichtn, 
vom Berg- und Wassergeist, von bösn Hexn und 
bravn Feen, so gmüatli und lufti wie's ebn nur 
der Michl kann. Ja, der Michl, ohne dem war der 
Steinkreuzhof net ganz gwesn! Freili, aber sein 
„Gachn", den derf er net kriagn, dann wird's 
gfährli. So gfährli, daß er zwoamal schon fast zu 
Gricht kommen wär, hätt der Bauer die Gschicht 
net wieder eingrenkt. „Zum Viecherl muaßt alle 
weil guat sein", sagt der Oberknecht zu die 
Jungn. Da kommt er aber amol in Stall und da 
wischt den Jungknecht, den Hansl, wia a voller 
Zürn fürchterli grob mit der Miftgabl aufs Jung- 
stierl losdrischt, wüldmaßi brüllt das arme Biech. 
Der Oberknecht des sehn, springt a fcho hin, reißt 
dem Burschn die Gabel aus der Hand, schmeißt s' 
hin, tritt drauf, daß's kracht, packt den Hans und 
flascht eahm ab, daß eahm Hörn und Sehn ver 
geht. Zehn Tag hat der Jungknecht net aus die 
Äugn schaun könna. A andersmal erwischt er dem 
Nachbarn fei Tonerl, den heimtückischen Lauser, 
wie er die rote Katz beim Schwach an an Bam 
aufghängt hat und dazu lacht, als wär's der beste 
Witz. Da is der Michl aber schon über 'n Zaun, 
packt den Buam, nimmt ihn zwischen seine Knie, 
halt ihn eisern damit fest, befreit schnöll das arme 
Katzenvieh und drischt dann mit dem nächstbeftn 
Steckn den Tonnerl. Der schreit, daß die ganzn 
Weiberleut und Kinder aus der Nachbarschaft 
zfammlaufn. Der kloane Franzl lauft zum Bauer: 
„Baba, Vada", ruft er, „unser Michl haut den To 
ner! tot!" Weinend laufen die Dirndln ins Haus 
und holen die Mutter. Die zwoa, der Bauer und 
die Bäuerin, die bringen den Oberknecht zur Bsin- 
nung, gogerlrot vor Zorn laßt er den Buam los, 
wirft den Steckn im Bogen fort und geht wortlos 
in fei Kamma. Und dann hat der Michl a tüchtigs 
Schmerzengeld zahln müaffn, denn die Nachbarin 
hat zwegn ihrn verhautn Toner! grad zum Gricht 
laufn wolln. 
„Singst es, da haft es von deiner Grobheit", 
meint die alte Wabi, die auch zum Hausinventar 
vom Steinkreuzhof ghört. Gunnen tuat f' es dem 
Grobian, dem neidifchn Weiberfeind, dem. Die 
Wabi, die is do a amol jung und sauber gwesn, 
aber der Michl, der ungute Lippl, hat das gar net 
sehn wolln. Nit an oanzigs Mal hat er der Wabi 
a Bußl hinter der Stalltür gebn und nia hat er ihr 
zum Kirta wenigstens a lebzeltenes Herz verfpen- 
diert, a Herz mit roten und blauen Zuckerrosn und 
einem schön' Spruch drauf. Nur a oanzigs Mal war 
er liab zu ihr, der Michl, wia dazumal die Wabi 
vom Heuwagn abigflogn is. Da hat er f' auf seinen 
Armen hoamtragn und liab und guat gfragt: 
„Tuat's arg weh, dei Kreuz, arms Dirndl?" Des 
kann die Wabi nicht vergessn, aber no viel weniger 
die lGschicht mit 'm Fensterln. Bor etla zwanzig 
Jahr, wie sie in die Dreißig gwesn is, da äugelt 
ihr der Michl abends bei der Suppen fö hoamli 
zu. Aha, denkt die Wabi, endli hat u anbissen. 
Äugelt zruck und geht zeitli ins Bett, damit die 
Rosl, des dumme junge Ding, net stacht, daß sie 
den Kittl und 's Leiberl anbhaltn hat. Wenn nur 
der Mond net gar so hell scheinen tat! Endli, so 
gegn elfe — die Rosl schlaft schon längst, da kommt 
a Lüftl auf und der Mond versteckt st hinter die 
Wölkn. Stockfinster is's, da raspelt was unter 'm 
Fenster. A Loater wird angloahnt. Aber recht 
tappert und langsam kimmt er auffa, der Michl.
	        
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