Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1933 (1933)

134 
Unsere Reuther taten Schuhe und Fuß- Schwimmbewegungen, und die anderen 
lappen ab, stülpten die Hosen auf, der machten es ihm getreulich nach. So ge- 
Schultheiß watete voran und sie mutig langten sie alle glücklich an das andere 
hinterdrein. Inmitten, wo das Meer am Ufer und unzweifelhaft nach derlei Lei- 
tiefsten war, machte der Schultheiß ftungen auch zu einem seligen Ende. 
Der Streik der Zungsrauen 
Die Geschichte einer Iohannisnachl 
Von I. Endringer 
Die Augsburger waren gar froher 
Dinge. Festliche Tage sah die Stadt, seit 
der Erzherzog von Österreich, Philipp, in 
ihr weilte. Zwar gab es keine Turniere, 
wie vor fünfzig Jahren, als der Bayern 
herzog die Stadt mit seiner Anwesenheit 
beehrt und ritterliche Spiele veranstaltet 
hatte, und die Alten der Stadt schauten 
geringschätzig auf das Festgetriebe und 
zogen immer wieder Vergleiche mit der 
glänzenden Vergangenheit, die sie erlebt 
hatten, aber das beeinträchtigte die Lust 
und die Freude der jungen Generation 
keineswegs. War es nicht eine Augen 
weide, den Erzherzog an der Spitze seiner 
Trabanten, alle in bunte Wämser geklei 
det, mit reichgeschmücktem Schwertgehänge 
an der Seite, und mit klingenden Fanfa 
ren durch die Straßen reiten zu sehen? 
Manch ein Jüngferlein stand klopfenden 
Herzens in der Fensternische, um den 
schmucken Zug zu sehen, und trat blutrot 
übergössen zurück, wenn des Herzogs Auge 
sie erspähte und einen frei-fröhlichen Gruß 
zu ihr hinaufsandte. Und die Knechte alle, 
die Knappen und die Ritter, trugen sie 
nicht alle den fröhlich-freien Blick zur 
Schau, den man den heiteren Österreichern 
nachrühmte, und der so kühn um Minne 
zu werben schien, daß den züchtigen Augs- 
burgerinnen schier nur übrigblieb, ihre 
Augen niederzuschlagen und zu enteilen, 
damit ihnen nichts Leids geschah? Und 
die zierlichen Reihen, die sie beim Ge 
schlechtertanz zu schreiten verstanden, ach, 
das war ein anderer Tritt, wie der der 
Augsburger Kaufherrensöhne, der wie ein 
Rechenkunststück aus des Herrn Vaters 
Kontor erschien. 
Und nun kam die Iohannisnacht. 
Ganz Augsburg sollte flammen in dieser 
Nacht, hatte der Herzog gewünscht. Fak- 
keln hatte man angebracht an jeder Stra 
ßenecke, von riesigen Holzstößen war die 
Stadt rings umgeben worden, und auf 
dem Fronhof — ja, da hatte man auf des 
Herzogs Geheiß ein wahres Wunder voll 
bringen lassen: ein 45 Schuh hoher Schei 
terhaufen war errichtet worden, und der 
sollte im Beisein des Herzogs selber an-^ 
gezündet werden. Und das Seltsamste dar 
an: nicht der Herzog wollte das Feuer 
entzünden, nicht der Bürgermeister, son 
dern die Ehre sollte dem schönsten Jung 
fräulein zugedacht sein, das auf dem Fron- 
hofe zugegen fein und das der Herzog be 
zeichnen würde. Kein Wunder, daß die 
Jungfräulein der Stadt Augsburg in hel 
ler Aufregung waren. Schier überlaufen 
wurden die Kaufhäuser; soviel kostbare 
Seide und vornehmes Tuch verkauften die 
Händler sonst in einem Jahre nicht, wie 
dieses Mal in der Woche vor dem Jo 
hannistag. Und in den Häusern setzte ein 
emsiges Schaffen ein: Mutter und Töchter 
sahen schier den ganzen Tag zusammen 
und nähten und schneiderten und berat 
schlagten, und selbst die Väter konnten sich 
nicht enthalten, hin und wieder hinein 
zublicken urtd wohlgefällig ihren schönen 
Kindern unter die Augen zu schauen. Für 
alle Zeiten geadelt war die Familie, der 
die Ehre zuteil wurde, das Feuer in der 
Sonnwendnacht zu zünden. 
Unterdessen aber ging das Tuscheln 
und Raunen und Ratschlagen in den Ge 
schlechterfamilien an. Daß nur eine von 
den Geschlechtern es fein dürfe, und daß
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.