Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1931 (1931)

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schaute, wie sie achtzehnjährigen Jünglingen 
so oft eigen ist. Das schöne Mädchen war 
Angestellte bei dem Juwelier, der in dem 
Geschäftshause, in dem Steffis Büro lag, 
seinen Laden hatte. Und Steffi, der noch nie 
mit Lisa Roth gesprochen hatte, der nicht 
einmal wußte, ob sie ihn kannte, der dies 
schöne Geschöpf nur von fern verehrte, wie 
eine stolze Königin, dieser Steffi war jetzt 
sprachlos, sprachlos vor Glück, als er von Paul 
erfuhr, daß das junge Mädchen ihn kenne und 
sich sogar für ihn interessierte. 
Und Paul hub nun an: „Gestern brachte 
Fräulein Roth Wäsche zu meiner Mutter und 
fragte mich, ob ich — da ich doch Handels 
schüler wäre — auch den Steffi Stark kenne. 
Als ich dann sagte, du seist ja mein Freund und 
gingest wahrscheinlich morgen mit auf den 
Maskenball des Stenographenvereines, lachte 
sie ganz glücklich und rief: ,Das ist fein, ich 
bin nämlich auch eingeladen!'" 
Da tat Steffi einen kleinen Luftsprnng und 
eilte davon, weniger später am Telegraphen 
amt, gab die Depesche auf und wollte eben 
wieder zur Drehtür hinaushuschen, als sein 
Fuß an irgend etwas stieß. Er bückte sich 
schnell und hob eine schwere Brieftasche ans 
und da war auch schon Paul, der draußen 
vor der Tür auf ihn gewartet, zur Stelle und 
riß ihm den Fund aus der Hand, untersuchte 
ihn und rief dann voller Staunen: „Mensch, 
bist du ein Glückspilz! Da, schau her, fünf 
Bündel Hundertmarkscheine, zusammen fünf 
tausend Mark und eine Menge kleine Scheine 
noch dazu. Und eine Karte liegt auch drin, 
laß sehen: Dr. Hermann Schneider, Gustav 
Freitag-Straße 19. — — Na, Junge, jetzt 
haben wir auf einmal Geld in Hülle und 
Fülle!" jubelte Paul. 
„Wieso?" 
„Frage nicht so blöd, Steffi! Hier in der 
von dir aufgefundenen Brieftasche steckt ja 
mehr als genug." 
„Du willst doch nicht damit sagen, daß . . ." 
„Ich will gar nichts sagen, ich will dir nur 
zu bedenken geben, daß morgen Abend zum 
Maskenball ein gewisses Fräulein Lisa Roth 
auf einen gewissen Herrn Steffi Stark wartet." 
Und er reckte seine Hand hin und heischte 
herrisch: „Und nun gib vor allem mir erst 
mal einen Hunderter, Junge!" 
Steffi sah ihn ganz entgeistert an, dann 
schlug er ihn hart ans die ausgestreckte Hand 
und rief: „Pfui, Paul!! Über meinem Pult 
im Büro hängt eine Tafel, darauf steht . . ." 
„Idiot!" lachte hämisch Paul auf und ging 
davon, aber nach drei Schritten wandte er sich 
nochmals um und rief zurück: „Die kleine 
Lisa Roth werde ich mir natürlich morgen 
Abend zu Gemüte ziehen und . . ." 
Aber Steffi hörte schon nichts mehr. Wie 
ein Blitz.schoß er davon, rannte nach der Gustav 
Freytag-Straße und streckte die Hand nach 
der Klingel an der Tür Dr. Schneiders, dem 
Eigentümer der gefundenen Brieftasche. Aber 
da, im Augenblick, als er gerade den Klingel 
knopf niederdrücken wollte, rief ein gellend 
Sümmchen in seiner Seele: „Halt!" Und 
dann weiter: „Was willst du tun, Steffi? 
Dein Glück selbst vernichten?! Nimm das 
Geld und behalte es, denn es ist dein oder 
denkst du, wenn du morgen deine Uhr ver 
lierst, ein ehrlicher Finder brächte sie dir 
zurück?!" 
So stand er lange sinnend an der Tür 
Dr. Schneiders, dann schritt er davon, schlich 
gesenkten Hauptes durch die Straßen und 
wagte nicht rechts und nicht links zu sehen. 
Im Büro nahm er still seinen Platz ein und 
begann zu arbeiten. Da erhob sich wieder 
das Sümmchen, das schrille in seiner Seele 
und kichernd sagte es: „Jetzt hast du es recht 
gemacht, jetzt hast du Geld in Hülle und Fülle 
und nun kannst du morgen vergnügt zum 
Maskenball gehen." Dem guten Steffi ward 
heiß und kalt und wieder heiß. Er öffnete 
das 'Fenster neben seinem Schreibpulte. Da 
erhob sich ein Windstoß, fuhr unter das Papp 
schild über seinem Schreibtisch auf dem der 
schöne Spruch stand. Ehrlich währt am 
längsten! und wendete es mit einem lauten 
Klatsch um. Steffi fuhr zusammen und schaute 
auf und entsetzt starrte er auf die spinnen 
webenbesetzte Rückwand seines Wahlspruches, 
der sich so brüsk von ihm abgewandt hatte. 
Da sprang Steffi ans, riß seinen Hut vom 
Nagel und stürmte hinaus, raste durch die 
Straßen wie von Furien verfolgt und als er 
nach wenigen Minuten vor Dr. Schneider 
stand, schrie er den fast an: „Haben Sie etwas 
verloren?" 
„Allerdings, meine Brieftasche mit me^ 
Geld!" 
„Wieviel?" 
„Mehr als fünftausend Mark waren darin." 
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