Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1931 (1931)

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Bauer klärt ihm gern alles auf, weil es ihn 
freut, daß fein Bub so wissensdurstig ist. Bald 
muß er ihm diese Blume abreißen und ans 
den Wagen werfen und bald jene und dann 
wieder einen gelben Falter fangen. Er tut 
alles gern, obwohl ihm diese Art des Sohnes 
manchmal nicht recht in die Pläne paßt. Aber 
er tut's. Sein Bub, sein Karl ist ihm ja alles, 
sein einziger Erbe. Und dann erinnert er ihn 
immer wieder an sein verstorbenes Weib. Die 
war auch so, gerade wie der Bub. Jeden Gras 
halm, jede Blume sah sie voll Freude und mit 
jedem Tier hatte sie Mitleid, Mitgefühl, ob 
es ein Wurm, ein Schmetterling oder ein 
Vogel war. Sie liebte alles. Das konnte er 
nie recht verstehen. Und erst, wenn sie nachts 
in die Sterne schaute und ihm davon erzählte, 
wie schön sie seien. Darüber wurde er manches 
Mal bös. Aber seit sie nicht mehr ist, denkt er 
ganz anders darüber. — Der Nachmittag 
verglüht langsam und die Sonne sinkt immer 
tiefer. Mit dem Abend, der lautlos aus den 
Wäldern herausschleicht, zieht am Horizont 
ein kleines, weißes Segel auf, das mit der 
Zeit größer wird und unaufhaltsam näher 
kommt. Und wo das schmale Bauernsträßlein 
zwischen Erd und Himmel hervorkommt, 
taucht ein winziger, dunkler Punkt ans. Der 
Teufelsbauer lehnt an der Hauswand und 
späht hinüber. Allmählich werden mehrere 
solche schwarze Punkte sichtbar, die langsam 
näher kommen. Es sind tnchüberspannte 
Wagen, von kleinen, braunen Pferden ge 
zogen. Fahrendes Volk. Und dort, wo die 
Wiese in den Wald vorspringt, weicht der 
Zug ab und macht Halt. Braune, schöne 
Menschen mit dunklen, glänzenden Augen, in 
denen die ewige Sehnsucht des Wanderns 
glüht, springen aus den Wagen, machen die 
Pferdchen los und lassen sie auf dem kleinen 
Wiesenfleckchen weiden. Ein dünner, blauer 
Rauch steigt gegendenHimmel.Dannnoch einer. 
Um die kleinen Feuer stehen hungrige Kinder 
und strecken ihre mageren Ärmchen nach der 
Suppe aus, die ein älteres Weib in eisernen 
Kesseln braut. Sie kreischen und plärren, 
wenn sie die Alte vom Feuer verjagt und legen 
sich endlich geduldig wartend in die Wiese. 
Sehnige Männergestalten und schöne Frauen 
sind an der Arbeit, das Lager zu bereiten. Im 
Topfe kocht und brodelt die Suppe. 
Der Teufelsbauer lugt wieder nach der 
Straße. Da sieht er die blaue Rauchschnur 
in den Abend entschweben. Da sieht er die 
Wagen stehen, sieht die Pferde weiden und 
Gestalten auf der Wiese hockeu, auf seiner 
Wiese! 
Sein Blick wird noch um einen Ton fahler. 
„Verfluchtes Zigeunerpack!" stößt er zwischen 
den schmalen, farblosen Lippen hervor. 
Es geht ihm durch den Schädel. Diebs 
gesindel, arbeitsscheues! Vagabundenblut, das 
zu nichts taugt! Fort damit! Die sollten nicht 
fett werden auf seinem Grund und Boden. 
Die nicht! Und grimmig stapft er quer über 
Wiesen und Äcker auf das Lager zu. Dann 
geht es los! Fluchend erklärt er den fahrenden 
Leuten, sich zum Teufel zu scheren! Er spart 
dabei nicht mit seinen gröbsten Worten, über, 
die er reichlich verfügt. Aber das Volk scheint 
sich nicht viel darnach zu richten. Vielmehr 
scheint er eine drohende Haltung dieser Leute 
wahrzunehmen und er pfeift so laut er kann 
nach dem Gesinde, das gaffend um das Hans 
steht. Und nun kommen ein Dutzend grobe, 
ungeschlachte Bauernklötze, sein Knechtestab, 
herübergehumpelt und recken ihre Fäuste wie 
eichene Keulen. Da bleibt den Zigeunern 
nichts übrig, als fluchend ihre Habe zusammen 
zuraffen und mit Roß und Wagen davon 
zuziehen. 
Der Teufelsbauer schaut ihnen noch lange 
nach und erst als er sieht, daß sie ernstlich davon 
kutschieren, geht er wieder an die Arbeit. 
Weit draußen ans seines Vaters Wiesen 
jagt ein kleiner, lieber, blonder Kerl bunten 
Schmetterlingen nach, pflückt allerlei Blumen 
oder sitzt am Wegrand und lauscht den un 
ermüdlichen Grillen und sieht den blauen und 
grüngoldenen Käsern nach, die über Halme 
und Blätter wandern. Und die sonnigen 
Stunden versinken wie ein fröhlicher Quell 
im Sande. Die Sonne-ist längst unterm Hori 
zont verschwunden und die Sommernacht 
wirft ihre ersten, leichten Schatten über die 
sonnigen Weiten. Da springt der Kleine plötz 
lich auf und sieht, was des Weges kommt. 
Schöne Wagen und liebe, kleine Pferde! Er 
steht und staunt sie freudig an, ohne Mißtrauen. 
Der erste der Wagen, der an ihm vorüber 
kommt, hält an und eine alte Frau fragt das 
Kerlchen am Wege um allerhand. Mittler 
weile haben die anderen Wagen auch Halt 
gemacht und man schaut sich den Buben an. 
Plötzlich scheint die Alte genug erfahren zu 
haben, sie hüpft heran, nimmt den kleinen
	        
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