Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1928 (1928)

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's Graberl. 
Erzählung von F. Kaltenhauser, Traun. 
Alle Rechte vorbehalten. 
Am Waldrand standen sie und sahen 
hinaus ins mondbeglänzte Land. Knapp 
vor ihnen warfen noch die letzten Bäume 
des Waldes ihren Schatten hin, aber weiter 
hinaus leuchtete die Schneehalde wie mattes 
Silber. 
„Schau, wie ma' unser Häuserl gut 
siecht von da, Mann!" sagte die Frau mit 
müder, vom Älter schon trübe gewordener 
Stimme. „Gar so in der Cinöd stehts'!" Und 
leiser, mit schwermütig sinkender Stimme 
fügte sie noch hinzu: 
„Jetzt könnt mans 's 
Cinsamgütl nennen." 
Der Mann tat einen 
Seufzer, den er tief 
aus der Brust holte. 
„Hab' d' Cinöd nie net 
gspürt bis jetzt. Freili, 
hast recht mit dem, daß 
's ein Cinsamgütl worden 
is." 
„Seit unser Hansl 
nimmer da is", fügte die 
Frau bei. 
Der Mann schüttelte 
den Kopf. „Seitdem no 
net. Da war die Zuver 
sicht no bei uns: er 
kimmt einmal wieder. 
Aber seitdem i weiß, er 
kommt nimmer, seitdem 
spür i d' Cinöd." 
Sie standen noch immer und sahen ins 
Land. Am Himmel wurden die Sterne 
immer mehr und funkelten wie tröstlich 
herunter. Aber in die alten Herzen fand ihr 
Funkeln keinen Eingang, die waren dunkel, 
ohne Schein und Schimmer. 
„Der einzig' Sohn ■—!" murmelte der 
alte Bauer in die Stille hinein. „Und geht 
einem davon!" 
Die Frau fror plötzlich. Es fror sie durch 
das Einsamkeitsgefühl, das ihre Seele be 
schlich als ein schweres, unentrinnbares Leid. 
Sie setzte die Füße vor, hinaus auf die 
Schneehalde. Der Alte folgte ihr. Und 
murmelte nach einer Weile wieder: „Haben 
(Nachdruck verboten.) 
andere sechs, sieben! Wenn da einer geht, 
in Gottsnam' —!" 
Die Frau schwieg. Sie hatte es ver 
nommen, vernahm auch den Singsang, den 
der knirschende Schnee verursachte unter 
ihren Tritten und denen des Btannes. An 
ihre düster gewordene Seele schwang es 
wie Töne, die sie nicht berührten, die sich 
fremd anließen. Der Mann schien auch gar 
nicht auf eine Aeußerung von ihr zu warten; 
nach kurzen oder längeren Pausen murmelte 
er immer wieder ein paar Worte: „Grad 
gwesen is mir bei der Nachricht: jetzt is mei' 
Welt dahin und die, die mir da entgegen 
schaut, die is nix für mi, 's einzig Bleamerl, 
was da blüht hat, is verwelkt!" — „Ah na, 
der Sturm hat's griffen! Der wilde, gott 
lose Sturm, der da draußen geht undUrlleS 
zusammenreißt, was der Herrgott wachsen 
hat lassen!" Wenn er nur die schlechten 
Leut' nähm, na ja! Aber unser Hansl war 
ja einer von die bsonders Braven!" — „Kein 
unguts Wörtl nie, alls recht und grecht, und 
so ein' Ghorsam gegen 's Clternwort —!" 
— „Hab' mir oft denkt: weil i schon net mehr 
Buben hab', gscheiter den ein' braven als 
sechs schlimme, ja!" — „Und der muß 
Das Gymnasium Freistadt feierte im August 1927 das 
Jubiläum seines 60 jährigen Bestandes.
	        
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