Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1928 (1928)

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Im Uebrigen ermahne ich meine lieben 
Verwandten alle, nicht von der frommen 
christlichen Weise zu lassen, damit ihnen der 
Himmel sicher sei. Somit lebt wohl und auf 
Wiedersehen in einer besseren Welt. 
Ursula Mühlschlögel, eigenhändig. 
„So, das »väre das Testament !" meinte 
der Notar. 
„Sonst nichts?" fragte Blasius Lebzelter. 
„Sonst nichts", gab der Notar letzten Be 
scheid. 
Die Verwandten polterten fluchtartig 
und fluchend aus der Amtsstube, allen voran 
der gewisse Herr Blasius. 
Der Nagelschmied Pretzenpeck trug seine 
Tafel wie eine Blindschleiche in den nervös 
zuckenden Händen. Von der Auseinander 
setzung, die es aus Anlaß dieses Testamentes 
zwischen den Pretzenpeckschen Ehegatten 
noch gab, kann ich nichts berichten, da ich sie 
nicht mit angehört habe. 
Auch die beiden Tafeln habe ich nicht 
mehr gesehen, weder die des Blasius Leb 
zelter, noch die der Nagelschmiedsleute. Ich 
weiß nur, daß es bei den Nichtverwandten 
der Erblasserin lange Zeit ein großes Gau 
dium gab wegen dieses sonderbaren und sehr 
löblichen Testamentes. 
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Primarius Dr. Talhosers Silvesterabens. 
Von H. W 
In den im Lichterglanz erstrahlenden 
Räumen des Primarius Dr. Talhofer war 
am Silvesterabend eine frohbetvegte Ge 
sellschaft versammelt. 
Da wird der Hausherr ans Telephon 
gerufen. 
Wenige Augenblicke später tritt er wieder 
unter die Gäste. Ein Schatten liegt aus 
seinen offenen Zügen; er bewegt sich hastiger 
und zieht oft seine Taschenuhr. 
In einer halben Stunde wird Reichs 
tagsabgeordneter Großindustrieller Bräuner 
per Auto von seiner Villa abgeholt. Bis 
spätestens neun Uhr soll er hier eintreffen. 
„Die verehrten Gäste und lieben Ange 
hörigen mögen mich entschuldigen. Der 
Fall steht verzweifelt. Also nur vielleicht 
auf Wiedersehn!" 
Professor Talhofer eilt durch den blumen 
geschmückten Vorsaal hinüber in sein Zim 
mer. Dem ihm begegnenden Assistenzarzt 
befiehlt er: „Telephonieren Sie auf mein 
Zimmer, wenn der Fabrikant in den Saal 
gebracht wird." 
Von innen versperrt er seine Tür. 
Diese Unruhe und Bangigkeit! Dieses 
Hämmern in seinen Schläfen! . . . Hab' ich 
denn Fieber? fragt er sich. Bald schleicht 
der Puls, bald arbeitet er wütend. Poch! 
poch! poch! 
Auf und ab geht er. Was hat er von 
seiner Berühmtheit? Der beste Chirurg! 
lfsgruber. 
Ein gefeierter Spezialist sein, ein umjubelter 
Mann, ein Halbgott! 
Armer Halbgott! Könnt' er sich hin 
strecken auf grünen Rasen, droben, auf der 
Bergmatte, ein vergessner, unwissender, 
sorgloser Hirtenbub! 
Einen Wasserstrahl der Leitung beim 
Waschtisch läßt er über seinen Kopf rieseln. 
Es kühlt. 
Hätt' er's lieber gelassen^ jetzt glüht er 
mehr denn zuvor. Fährt nicht ein Auto vor? 
Ein Blick durchs Fenster sagt ihm, daß 
seine überreizte Phantasie ihn täuschte. — 
Aber jetzt? wieder? Bringen Sie ihn nach 
dem Operationssaal? 
Gott! Gott! wird er denn diese Erregt 
heit nicht los? Er wirft sich ins Fauteuil 
und schließt die Augenlider. 
Ruhe! Ruhe! Zurück, Erinnerungen! 
Weg, ihr Bilder! 
Er, der entschlossene, der Willensstärke, 
an äußerste Selbstbeherrschung gewöhnte 
Mann: wie ein welkes Blatt, vom Sturm 
gepeitscht, kommt er sich vor. Oder wie ein 
armseliger Damm, von Springfluten um 
tost, oder wie ein hilfloses Dorf, dem sich 
der Lavastrom entgegenwälzt — ohnmächtig! 
Dort überm Bett hängen die verblaßten 
Photographien von Vater und Mutter. 
Der ums Leben fleht vor seines Hauses 
Tür, ist der verruchte Mörder dieser beiden 
lieben, guten, einfachen Leute.
	        
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