Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1919 (1919)

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Kopf gesenkt. — Der Hardl hatte zu ihrer 
Ankunft großartige Vorbereitungen getroffen 
Er hatte vor der Haustür eine kleine 
Triumphpforte aufgestellt, er hatte fein Fest 
tagskleid angezogen, er hatte den Dienst 
boten Feierabend gegeben — sie mußten aber 
ihre Sonntagskleider anlegen — er hatte 
Strauben backen, Wein, Bier und Fleisch 
aus dem Gasthause holen lassen, er hatte 
sogar einige Kilo Schießpulver gekauft. — 
Als die Barbl näher kam und die Triumph 
pforte erblickte, wurde sie glührot im Ge 
sichte ; aber schon eilte ihr der Hardl ent 
gegen und nahm sie freundlich unter den 
Arm. Zu gleicher Zeit erdröhnten hinter 
dem Hause die Böller, und die Burschen 
stießen mutwillige Jauchzer in die Lust, als 
komme eine Hochzeit. Die Barbl erschrak 
heftig und wurde kreidebleich. Der Mann 
zog sie in die Stube zur reichbesetzten Tafel. 
„Den ersten Tag müssen wir ein bißchen 
feiern", sagte er.... „weißt, das erstemal 
hab' ich dich zu leicht bekommen und das 
zweitemal zu hart." 
Die Barbl wußte rein nicht, wie ihr 
war. Einesteils war sie gerührt über die 
Aufmerksamkeit und Freundlichkeit ihres 
Mannes, andernteils empörten sie der Lärm 
und das Gepränge. Am liebsten wäre sie 
vor Scham in den Bogen gesunken. 
Droben im Widum stand der Pfarrer an 
einem Fenster und lachte, daß ihm bohnen 
große Tropfen über die Wangen kollerten. 
Die Barbl war am Abend so schüchtern, 
so zahm und freundlich, als ob sie gestern 
erst ins Haus geheiratet hätte. — Das Durch 
gehen hat sie ein- für allemal verlernt — 
der feierliche Empfang hat es ihr angetan. 
Der Pfarrer trug am nächsten Fest ein 
neues, gologesticktes Meßkleid. 
Durch Kleve versöhnt. 
Eine bayerische Dorfgeschichte aus dem Krieg. 
uch der Weber-Toni mußte einrücken. 
„Er hat aber schon rechtes Pech!" 
sagten die Leute im Dorf, „erst stirbt ihm 
das Weib von zwei kleinen Kindern weg, 
dann geht's mit seinem ,Werk' rückwärts 
und jetzt muß er gar in den Krieg!" 
Wenn sich aber eines herausnahm, ihn 
mit schönen Worten zu bedauern, wurde er 
grob. „Was schert das euch?" sagte er, „ich 
gehör dem Vaterland und meine Kinder 
gehören der G'meind'." Schon seit dem 
Tode seiner Frau war's, als ob er mit dem 
Herrgott und der ganzen Welt trotze. 
Ey er schied, hätt' er alleidings gern 
noch im Pfarrhof einen Besuch gemacht, 
aber — da hatte es einen eigentümlichen 
Haken: der hochwürdige Herr drängte schon 
längst vergeblich darauf, daß er sich mit 
dem Kirchenbauern aussöhne, mit dem er 
schon seit der Burschenzeit in offener Feind 
schaft gelebt. Eigentlich handelte es sich 
damals nur um ein Mißverständnis, aber 
der Toni fing an, zu hassen, hütete seine 
Ziegen in des Kirchenbauern Kleeacker und 
verfolgte dessen Hunde und Hühner mit 
Steinwürfen. „Die Reichen", behauptete er, 
„hätten ohnehin überall das größere Recht 
und er könne nichts dafür, daß seine Eltern 
nur arme Webersleut gewesen." Als dann 
später die beiden ehemaligen Schulkameraden 
in den Ehestand traten, trug natürlich die 
junge Kirchenbäuerin ihr gesponnenes Garn 
zum Wirken in ein anderes Dorf und andere 
Weiber machten es ihr nach, was dem Toni 
großen Schaden brachte. 
„Nachgeben tun wir grad nicht!" sagte 
er zu seinem Weib und verbot ihr sogar, 
den Dorfweibern die Tageszeiten zu bieten. 
So war's kein Wunder, daß er geschäftlich 
ganz herunterkam. 
Gerad' rechtzeitig für ihn brach der Krieg 
aus. Das Häusl gehörte längst einem Juden 
und er hätt' den Webstuhl ins Armenhaus 
schleppen müssen. 
Mit Gewalt riß sich der Toni von seinen 
Kindern los. Den ganzen Weg bis zur 
Eisenbahnstation quälte ihn der Gedanke an 
sie. Für heut und morgen waren sie bei der 
Nachbarin untergebracht. Aber dann? — 
Wer sie wohl ersteigern würde? Der Wenigst 
nehmende natürlich! Hoffentlich nicht der 
Schindel-Jackl mit seinem bösen Weib! Oder
	        
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