Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1919 (1919)

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„Ich hab' zum Finden überhaupt wenig 
Glück", versicherte der Pfarrer, „ich mein', 
das Gescheiteste ist, Ihr laßt den Gegen 
stand verkünden." 
„Ist mir ganz recht", lachte der Hardl, 
„aber ich glaub', der Herr Pfarrer wird's 
halt nicht gern tun, das Verkünden." 
„Warum denn nicht? Ihr zahlt doch 
einen Finderlohn?" 
„Recht gern, soviel Ihr verlangt." 
„Ich verlang' gar nichts — ich mein' 
nur dem redlichen Finder." 
„Wenn halt Ihr der redliche Finder 
wäret — so spendier' ich ein neues, goldenes 
Meßgewand." 
„Das werd' ich mir kaum verdienen; — 
aber sagt, was habt Ihr denn eigentlich ver> 
loren?" 
„Herr Pfarrer, ich getrau' mir's nicht 
zu sagen " 
„Warum denn nicht? Jst's etwas 
Böses?" 
„Da habt Jbr's getroffen, Herr Pfarrer, 
ja, ja, etwas Böses." 
„Dann laßt's nur verloren sein, etwas 
Böses suchen wär' Sünde." 
„So schlimm ist's g'rad nicht." 
Der Pfarrer überlegte, dann fragte er: 
„Hat öer Gegenstand eineN großen Wert:" 
„Hm, hm, wie man's nimmt", erwiderte 
der Hrrdl, „für mich hat das Ding schon 
einigen Wert." 
„Ach, ich verstche, Affektionssache, so ein 
Gusto, eine Liebhaberei." 
„Ihr könnt recht haben, Herr Pfarrer." 
/ , „Habt Ihr das Dma gekauft?" 
„Nein, geschenkt bekommen." 
„Jst's am End' gar ein Firmtaler?" 
„Nein, das nicht." 
„Oder eiwas von einem alten Schatz?" 
„Nein, wohl em junger Schatz." 
„Jst's ein Geld?" 
„Nein." 
„Jn's ein Bild?" 
„Ja ja, so etwas!" schrie der Hardl. 
„Jn's ein Heiligenbild?" 
„O Goit bewahre! — Das schon gar 
nicht", ereiferte sich der Hardl. 
„Jst's ein schlechtes Bild?" 
„Das g'rad auch nicht aber etwas zopfiq." 
„Da werd' ein anderer gscheit", keuchte 
der Pfarrer, „jetzt sagt mir doch, was ist's 
für ein Bild — ich habe noch andere Ar 
beiten als Rätsel auflösen." 
„Herr Pfarrer", sagte der Hardl langsam, 
„es ist ein Bild, und wenn ich's ganz sage, 
ein Weibsbild —; heißen tut's Barbl und 
ist bis vor vierzehn Tagen bei mir Bäuerin 
gewesen; hab' mich ein wenig damit zerkriegt 
— dann ist's auf und durch zum Ram- 
steiner und hat schon zwei Wochen nichts 
mehr von sich hören lassen. — Jetzt, was ist 
zu machen? —Wenn Ihr glaubt, das Ge 
scheiteste wär' Verkünden, so hab' ich nichts 
dagegen; aber wenn Jhr's auf die Kanzel 
bringt, so dürft Ihr nur gute Eigenschaften 
vom Weiblein erzählen, z. B. daß es schön, 
fromm, geschickt, eine ausgezeichnete Köchin, 
die beste Hausfrau im ganzen Landgericht sei 
usw. — Und wie gesagt, wenn Ihr mir 
das Weiblein zurückstellt, bekommt Ihr als 
Finderlohn ein schönes Meßgewand." 
Der Pfarrer war vor Lachen auf das 
Kanapee gesunken. Er hosserte lange, und 
die Hellen Tränen rannen ihm über die 
Wangen. Endlich sagte er: 
„Simbacher, das Meßgewand werd' ich 
mir verdienen. — Paßt nur auf — morgen 
nachmittags kommt das verlorene Weiblein." 
Am nächsten Tage wanderte der P'arrer 
hinauf zum Ramsteiner. Die Ramsteiner- 
leute mchraken nicht wenig über den Besuch. 
Der Pfarrer sagte, er habe gehört, ihre 
Tochter, die Simbacherin, wäre hier, und 
er möchte gern mit derselben ein paar Worte 
allein sprechen. — Als sich der Pfarrer mit 
der Barbl allein in der Stube befand, 
nahm er das junge Weib kräftig ins Gebet: 
„Ob sie ihre Standespfl chten nicht kenne, ob 
sie schon vergessen, was sie am Altare ver- 
sproch-n, unv ob sie das Aergernis vor der 
ganzen Gemeinde verantworten könne;. 
sie werde wissen, wohin sie gehöre." — Die 
Frau warf ihre Lippen trotzig in die Höhe 
und antwortete: „Wohin sie gehöre, wisse 
sie recht gut; sie werde auch wieder zum 
Simbacher hinunterziehen, aber der Hardl 
müsse heraufkommen und sie schön darum 
bitten; schicken möge er, wen er wolle — 
das gelte ihr nichts — Papst und Kaiser 
brächten sie nicht hinunter." 
Der Pfarrer warf einen schelmischen Blick 
auf die Frau, dann sagteer trocken: „Auch
	        
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