Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1918 (1918)

151 der Zentralmächte zu den Vereinigten Staaten von Nordamerika und die Kriegserklärung an Deutschland mit sich. Wilson, der Herr Präsident, suchte sich für die Kriegführung mit den weitgehendsten Voll- machten auszustatten und probierte in seiner unendlichen Schlauheit die neutralen Staaten zu zwingen, ihm bei seinem Feldzug gegen Deutschland und seine Verbündeten Gefolgschaft zu leisten. England traf besonders gegen Holland verschärfte Maßregeln, ordnete eure Seesperre an nnb suchte es durch Drohung eines Durch- marsches nach Deutschland, Verletzung der Hoheitsgewässer rc. in den Krieg zu verwickeln. Aber auch die anderen Nordstaaten, insbesondere Schweden, werden von der Entente und Ame- rika auf alle mögliche Weise drangsaliert. Auch Spanien dachte man das Schicksal Griechenlands zu. Die an- gezettelte Revolution wur- de aber von der spanischen Regierung mit Erfolg un- terdrückt. Ebenso waren die Umtriebe der Entente, in der Schweiz resultatlos. An her ganzen Ostfront von Riga bis Galatz hielten nicht nur die Armeen der Zentralmächte den fort- dauernden Angriffen der Russen und Rumänen stand, sondern sie gingen im Jänner erfolgreich an der Aa vor. In den Som- mermonaten kamen die verbündeten Truppen der geplanten russischen Offen- sive zuvor und nun wurde Galizien von den Russen befreit, Czernowitz und ein großer Teil der Bukowina zurückerobert. Es wurde hierauf im Norden von den Deutschen ein mächtiger Vorstoß gegen die 12. russische Armee unternommen, der Riga, Dünamünde, Jakobstadt in deutschen Besitz brachte, so daß die Russen schon an die Räu- mung von Petersburg schritten. In letzter Zeit wurde eine große Aktion der Deutschen zur Frei- machung der Ostsee von der russischen Oberherr- schaft mit großem Erfolg ausgeführt und durch ein kombiniertes Vorgehen von Seestreitkräften und einem Landungskorps in rascher Folge die Inseln Oesel, Dag und Moon gewonnen und der Meerbusen von Riga freigemacht. Die russische Flotte mußte abziehen. Schon im Jänner tauchten Gerüchte von großen Unruhen und der Gefahr des Aus- bruches einer Revolution auf, die seither zur Tatsache wurden. Die vom englischen Botschafter Buchanan und dem französischen Gesandten Palaloque geschürte Revolution brach nun im März 1917 in Petersburg aus und ver- breitete sich schnell übers ganze Reich. Der Zar Nikolaus 1l. wurde seines Thrones verlustig und samt seiner ,Familie zuerst in Czarskoje (Zelo interniert, im weiteren Verlaufe der Dinge nach Tobolsk in Sibirien gebracht. Auch die Großfürsten wurden in Gefangenschaft gesetzt. Das Haus Romanow hatte nach 300- jährigem Bestände zu existieren aufgehört. Die Zustände in Rußland werden immer verwirrter, trotzdem sich die Minister, die jeweils am Ruder sind, und der einem Diktator gleiche Kerenski sich alle Mühe geben, Ordnung zu schaffen und eine richtige Regierungsform für Rußland zu finden. Das freie Rußland hatte schon mehrere Ministerien, die Duma wurde aufgelöst. Viele Generale, Heerführer und Kommandanten wur- den entlassen. Der Arbeiter- und Soldatenrat bewährte sich nicht. Die Disziplin in der Armee wurde untergraben,Meutereien undMassendesec- tionen sind an der Tagesordnung. Im Verlaufe der Ereignisse traten Selbständigkeitsbestrebungen zutage. Finnland verlangte seine Autonomie, Kronstadt erhielt eine eigene Regierung, die Ukrainer trachten nach einer solchen usw. Hunger- revolten, Agrarierunruhen, Aufstände allerorts und politische Rivalitäten vermehren die chao- tischen Zustände im Innern Rußlands. Archan- gelsk wurde wiederholt von verheerenden Ex- plosionen heimgesucht. — In neuester Zeit ver- sucht man es mit einer Art Vorparlament, dem ein wirkliches folgen soll. Kerenski möchte eben der russischen Sozialdemokratie die Alleinherr- schaft erhalten, was auf die Dauer nicht mög- lich erscheint. Schließlich wurde Kerenski von den Bolsche- wiki und Maximalsten unter Lenin gestürzt und die Minister gefangen. Kerenski marschiert mit einer Armee gegen Petersburg. Kochgebirgsunterstand an der italienischen Front.
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