Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1917 (1917)

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gramm, in eine Sparkasse gelegt, bis wieder 
Glockenmetall beschafft werden kann. Möge 
die Jmmaknlata bald als Friedensglocke zu 
Ehren der Königin des Friedens ihren hehren 
Feierklang erschallen lassen! 
Viel Bewnnderung erregt das überans 
zierlicke Eingangstor aus Marmor an 
der Ostseite. Das Dombankomitee hatte, 
wie wir im vorigen Kalender berichteten, 
beantragt, daß im Tympanon, dem freien 
Felde im Portale, das Bischof Rudolf-Denk 
mal mit entsprechenden Figuren ans den 
Nebenkonsolen angebracht werden solle. Aber 
die Kultnsbehörde ging daranf nicht ein nnd 
wählte als Platz für das Denkmal die Vor 
halle des nördlichen Querschiffes beim Ein 
gang von der Herrenstraße ans, gleich rechts 
nuter dem Fenster. Die Form ist noch gar 
nicht bestimmt. Aller Wahrscheinlichkeit nach 
soll es eine Reliefdarstellnng mit Sarkophag 
werden, ans dem der Bischof, mit der Capa 
magna bekleidet, stehen oder knien wird. 
Es wird also ins Außenportale im freien 
Giebelfelde wieder das ursprünglich geplante Bild, 
der Sturm am See Genesareth, dem der Heiland 
ein Halt gebietet, angebracht werden, was ganz 
gut zur jetzigen Kriegsnot paßt. Zur Erinnerung 
an die gewaltige Kriegszeit wird das große 
Fenster an der Ostseite des Querschiffes ein 
Kriegsfenster werden, enthaltend Figuren und 
Embleme, die sich auf den Krieg beziehen. Das 
große Fenster an der Westseite, gegen die Hafner 
straße zu, wird aber ein Friedensfenster werden 
und daher die entsprechenden Ornamente, Jahres 
zahlen usw., enthalten. Für beide Fenster ist 
schon ein kleiner Fonds gesammelt, der sich hoffent 
lich vergrößert, so daß in absehbarer Zeit, die 
vom Zustandekommen des Friedens abhängt, 
diese besondere Zierde des Domes geschaffen 
werden kann. 
Ueber die großen Fenster des Langschiffes 
haben wir schon wiederholt im Kalender ge 
schrieben, mehr als die Hälfte sind bereits fertig. 
Die Dombau-Zeitschrift „Ave Maria" schreibt 
im Jännerhefte 1916 über die Fenster: 
„Den Grundgedanken für sämtliche Gemälde 
fenster entwarf der hochselige Bischof Rudolf Hitt- 
mair. Für ungefähr die Hälfte derselben konnte 
er bis zu seinem Hinscheiden auch noch die detail 
lierten Angaben ausführen. 
Er pflegte diese Arbeit, die ihm einen Hoch 
genuß bereitete, selbst als „dichten" zu bezeich 
nen. Und in der Tat gehörte die dichterisch 
schaffende, sprühende Phantasie des Bischofes 
dazu, um einen solchen Reichtum an Gedanken 
in jedes einzelne Fenster hineinzulegen. 
Die Fenster werden zur Darstellung brin 
gen: 1. Verschiedene Momente aus der Geschichte 
des Dombaues: die Grundsteinlegung, Glocken 
weihe, Versehgang zu Bischof Franz Josef Rudi 
gier, Audienz des Bischofes Ernst Maria bei 
Papst Leo XIII., Bischof Franz Maria Doppel 
bauer in mehrfachen Beziehungen, Rudolf Hitt- 
mairs Weihe zum Bischof rc.; 2. wichtigere Diö- 
zesanereignisse: Die großen Wallfahrten ins 
Heilige Land und nach Lourdes; 3. die sieben 
oberösterreichischen Stifte und die größeren 
Wallfahrtsorte; endlich mit Rücksicht auf ein 
zelne Spender noch besondere Darstellungen, wie 
z. B. das Habsburger- oder Kaiserfenster, das 
Fenster der Linzer Sparkasse, des „Ave Maria", 
des Priester-Anbetungsvereines rc." 
Um den Lesern einen Begriff von dem 
Inhalte eines solchen Fensters zu machen, möge 
das sogenannte Linzer Fenster hier im 
Bilde erscheinen. 
Dieses von der Linzer Allgemeinen Spar 
kasse gewidmete Fenster wird man einfach „Lin 
zer Fenster" heißen. Es bringt ja in seinem 
Hauptbilde historische Begebenheiten, welche sich 
in unserer Landeshauptstadt abspielten, und her 
vorragende Persönlichkeiten, welche ihr ange 
hören. 
Oben sehen wir das Bild der Stadt Linz 
mit dem mächtigen Mariä Empfängnis-Dome, 
über diesem die Immakulata schwebend als 
Schutzfrau der Stadt. 
Zur linken Seite ragt über dem Stadtbilde 
eine Mönchsgestalt mit ausgebreiteten Armen 
hervor. Es ist der hl. Severin, der dem Donau 
user entlang das hl. Evangelium gepredigt hat, 
und als Apostel der Donaustadt bezeichnet zu 
werden verdient. 
Unter diesem sieht man einen Bischof. Es 
ist Konstantins, der erste Bischof von Lorch, als 
dessen Nachfolger die Bischöfe von Linz betrach 
tet werden können. Sein Blick wendet sich der 
Stadt zu. Noch tiefer sehen wir die Gestalt eines 
Kaisers, sitzend, ermattet, Auge und Hand ver 
trauensvoll zur Gottesmutter hinaufgerichtet, 
Krone und Schwert zur Seite, es ist Kaiser 
Friedrich III., er starb zu Linz im Jahre 1493. 
Ihm verdankt Linz hauptsächlich seinen Auf 
schwung als Landeshauptstadt, sein Herz ist in 
der Stadtpfarrkirche beigesetzt. 
Die Mitte nehmen zwei geschichtliche Ereig 
nisse ein, welche sich in Linz abspielten: Kaiser 
Maximilian I., der letzte Ritter, krönt den be 
rühmten Nürnberger Dichter Vinzenz Lang (ge 
nannt Longinus) mit dem Lorbeerkranze (1501); 
Kaiser Ferdinands Hochzeit mit Anna von Un 
garn (1521). Die Dichterkrönung nimmt sich in 
unserem Bilde wie eine ganz einfache Zeremo 
nie aus. Sie war in Wirklichkeit ein glänzendes 
Fest. Pritz, „Geschichte des Landes ob der Enns" 
II. Bd., S. 191, berichtet darüber folgendes: 
„Den 1. März (1501) veranstaltete er (Kaiser 
Maximilian, ein Freund der Wissenschaften über 
haupt und besonders der Dichtkunst, eine schöne, 
seltene Feier. Es befanden sich bei ihm seine 
Gattin Blanka, die Fürsten von Mailand und 
sein ganzer Hofstaat, sie wohnten in der Burg
	        
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