Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1917 (1917)

„Durch meine Schuld — ich weiß es!" 
murmelte Hagemann; „aber wenn es nun 
wieder besser werden könnte, Herr Kröger, 
wenn eine Aussicht vorhanden wäre —'" 
„Wollen Sie mir vielleicht beistehen?" 
lachte der Sägemüller bitter auf, das Aeu- 
ßere des vor ihm Stehenden flüchtig mu 
sternd, „Sie sehen nicht aus, 
als ob Sie große Schätze ge 
sammelt hätten in den ver 
flossenen Jahren." 
„Sie haben recht; ich bin 
arm geblieben. Doch die 
.größte Schuld daran trägt 
wohl das beständige Gedenken 
an mein damaliges Vergehen, 
das mich weit mehr zu Boden 
gedrückt, als die größte Ent 
behrung es vermocht hätte." 
„Und um niir dieses 
sagen, kommen <ä 
„Nicht darum 
wortete Hagemann, in Plötz 
lichem Entschluß dicht an den 
Müller herantretend, „die 
Ruhe, die innere Zufrieden 
heit glaubte ich hier 
finden zu können! . . 
mich an, Heinrich; was yt aus 
deinem ehemaligen Freund 
und Teilhaber geworden — 
ein einsamer, ruheloser Mann, 
der sich kümmerlich durch das 
Leben hilft und die Last einer 
ungesühnten Schuld wie ein 
Zentnergewicht mit sich her 
umträgt !.. Nimm den Bann 
von mir, Heinrich; sage, daß 
du mir verzeihen willst und 
gib mir noch einmal deine 
Hand — dann will ich gerne 
arm bleiben bis an mein Lebensende!" 
Ein Zucken lief durch die Gestalt des 
Sägemüllers und seine Züge verloren lang 
sam den harten Ausdruck. Noch schwieg er, 
als kämpfe er an gegen den jahrelangen 
aufgespeicherten Groll; dann schaute er dem 
früheren Freunde gerade in die bittenden 
Augen und reichte ihm die Rechte hin. 
„Nun gehe", sagte er leise . . . 
Zwei Wochen später erhielt Kröger die 
Summe von 18.000 Mark zugesandt. Gleich 
zeitig ging ihm ein Schreiben zu, das er 
kopfschüttelnd zwei-, dreimal durchlas und 
dann dem alten Knechte zeigte, der nich' 
weniger erstaunt war als sein Herr. 
Ein hastiges Schaffen und Rüsten begann 
jetzt auf dem Sägewerke. Eine zeitgemäße 
Schneidemaschine wurde aufgestellt; un 
Imreres der Kirche der heiligen Kamilie in Kinz. 
Phot. Schwarz, Linz. 
brauchbare Vorrichtungen wurden durch 
neue ersetzt, und ein frischer Tatendrang 
schien sich des bisher mutlosen Müllers 
bemächtigt zu haben. 
Nach und nach erinnerte man sich seiner 
wieder. Die Aufträge, die man ihm erteilte, 
mehrten, sich bald, und immer öfter knarrten 
jetzt schwerbeladene Karren auf dem Fahr 
wege ... 
Als dann einige Monate später das 
kleine Sägewerk zu neuer Blüte erstanden
	        
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