Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1914 (1914)

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macht's nix, i hob's ja Gott sei dank net nötig, 
daß i mi mit solchene, wie Sö sän, obgift!" 
Krach! Die Türe war zu. Ich stand nun 
meinerseits wie eine Salzsäule. Dann ließ 
ich mich schwer in den Sessel fallen. Was 
tun? Ich nehme mein abgeschabtes Geld 
täschchen heraus, obwohl ich ja auswendig 
wußte, daß nicht mehr als 2 K 70 h drinnen 
waren. Und heute war der 20. — Vor dein 
ersten hatte ich nichts zu erwarten, das 
wußte ich. — Woher aber schnell 20 X Miete 
nehmen? Denn vor der Polizei hatte ich 
sein konnte. Aber kaum auf der Straße an 
gelangt, verlor sich der Undankbare in eine 
Seitengasse und ich habe ihn nie mehr 
gesehen, hoffe aber, daß er wohlbehalten 
zu den Seinen fand. Ich aber wanderte 
sorgenschwer zum Versatzamt und sah 
meinen schönen Pelz, meinen Stolz, der 
Kollegen Neid, dort verschwinden. Wann 
würde ich ihn wieder auslösen können? 
Als ich bei meiner Heimkehr der Hube- 
rischen die 20 X gab und sie in mein blasses, 
hungriges Gesicht sah und hörte, daß ich 
Wildbad Gastein. Das hochberühmte Bad mit seinen heilbringenden heißen Quellen 
ist seit Eröffnung der Tauernbahn auch von Touristen viel besucht. 
als unvorbestrafter junger Mensch einen 
Heidenrespekt. Mein Auge fiel auf den 
Pelz meines toten Vaters, den inir mein 
armes Mutter! beim Abschied unter Tränen 
mitgegeben hatte! „Daß dich halt nicht 
z'viel friert, mei Bub! Aber hab' ihn in 
Ehren, er war Vaters Staat und hat ihn 
immer so gefreut!" 
Aber was blieb mir übrig, es mußte 
sein! Ich versuchte eine Träne im Auge zu 
zerdrücken, nahm dann den Pelz und meinen 
schwarzen kleinen Bösewicht, der mich mit 
seinen schwarzen Augen so demütig ab 
bittend ansah, daß ich ihm nicht einmal bös 
den Pelz versetzt habe, und der Spitz nicht 
mein Eigentum, sondern ein Findling 
und schon wieder weg sei, da regte sich selbst 
in ihrem Herzen etwas von Wiener Gemüt 
lichkeit. 
„Na", sagte sie, „bin holt a bißl gach 
gewesen. Von mir ans können S' schon bleiben, 
bis wos anders g'funden haben. I bin ja 
net so, daß i an jungen Menschen obdachlos 
mach." 
Dann brachte sie mir sogar eine Schale 
Kaffee und eine Semmel auf meine Bude. 
Aber trotzdem, meine verehrten Herr 
schaften! Das Wohltun trägt nicht immer
	        
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