Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1912 (1912)

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„O Vater, du willst also deine Einwilligung 
geben und unseren Bund segnen! Weiß Fritz 
schon davon?" 
„Ne, derselbige heißte nit Fritz, der 
heißte Wenzel Dumback und ist meiniges 
Landsmann. Den hab' ich dir ausgesucht, 
den wirst du zum Manne nehmen. Wenzel 
hat de viel Geld und Haus großes in Budweis. 
Den Schlosser Fritzl paßte nit für dich!" 
Nun gab es, als das Bitten des Mäd 
chens nichts nützte, Tränen, aber Gundls 
Vater blieb eisenhart. Da erwachte der Trotz. 
Gundl kannte ihres Vaters Landsmann, 
da er oft zu Besuch bei ihnen gewesen. Der 
alles aus und vorbei sein. Der Fritz aber 
sann sogleich auf eine List, um den Nebro- 
censky herumzukriegen. Eine Gelegenheit 
hiezu ergab sich bald. 
Beim Hahnenwirt kamen allabendlich 
die „Spießer" zusammen, besprechend die 
Politik, den Lokaltratsch oder was halt sonst 
gerade im Vordergrund des öffentlichen 
Lebens stand. Unser Pankraz Nebrocensky 
fehlte fast nie am Spießertisch und führte 
zwar nicht als Letzter, fo ziemlich aber als 
Dümmster das Wort. 
Schon schrieb man Anfang April. Die 
Zeitungen brachten spaltenlange Berichte über 
Bilder aus Vberösterreich: Der große Wrand in Hepping (WüßlKreis) am 24. Hktovcr 1910 
bei welchem Kirchturm, Pfarrhof, Schule und fünf Häuser dem Feuer zum Opfer gefallen sind. 
war ein alter Kund, schon gut über die 
Fünfzig hinaus, ein Geizfilz sondergleichen 
und von Gestalt spindeldürr.- 
Nein, mit einer solchen Vogelscheuche an 
der Seite will sie nicht durchs Leben wan 
deln. Dies sagt sie auch dem Vater, und 
die Mutter unterstützt sie in diesem Punkte. 
Doch der Nebrocensky hat einen Dickschädel 
und besteht auf seinem Plan. 
Es ist nun eine bekannte Tatsache, wenn 
der Liebe Hindernisse in den Weg treten, 
so findet diese immer wieder Mittel, um 
die Bahn frei zu machen. 
Gundl klagte ihrem Auserwählten des 
Vaters Entschluß und meinte, nun müsse 
den Halley-Kometen, der da am 18. Mai er 
scheinen würde und durch dessen Schweif 
unsere Erde an besagtem Tage hindurch 
rutschen sollte. Selbstverständlich wurde dieses 
Thema am Biertisch eifrig besprochen, da 
doch mit diesem Ereignisse der Weltunter 
gang und dergleichen gruselige Dinge nach 
dem Dafürhalten abergläubischer Leute ver 
bunden sein sollten. 
Mit bangem Herzen sah Pankraz Nebro 
censky der Erfüllung der am Spießer 
tisch in guter Laune gemachten Prophe 
zeiungen entgegen und mit jedem Tag steigerte 
sich die Angst des wackeren Regenschirm 
machers vor dem „nahen Weltende", was
	        
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