Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1907 (1907)

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stürmische Wetter ist ein treffliches Bild 
unserer Zeit Wann werden die Stürme 
gegen unsere heilige Kirche enden? Herr, 
gebiete Du den Wogen und den Wellen. 
Dann trat er vom Fenster seufzend zu 
rück, um nochmals ein soeben an ihn ein 
gelaufenes Schreiben zu durchlesen. Dies 
Schreiben war vom Landrat gekommen und 
m Pfarrer N. N. 
Es wird Ihnen 
hiermit jede got 
tesdienstliche oder 
pfarramtliche 
Funktion außer 
halb Ihrer Pfarrei 
strengstens unter 
sagt. Im Falle der 
Zuwiderhandlung 
haben Sie die weit- 
gehenvsten gesetz 
lichen Folgen zu 
erwarten." 
Gott, was soll 
das werden, seufzte 
der. Pfarrer auf, 
meine vier Nach 
bardörfer alle ohne 
Hirten und ich der 
einzige Pfarrer 
noch umher! Doch 
lächerlich, als ob 
ein solch Dekret 
der Liebe eines 
katholischen Pfar 
rers Eintrag tun 
könnte. Soll ich 
etwa die Kranken 
unversehen sterben 
lassen? — Nein, 
nein, oder man müßte mich ins Gefängnis — 
Da schellte es unten im Pfarrhof. Ein 
Bote aus dem Nachbardorf begehrte Ein 
laß und bat den Pfarrer, so schnell als 
möglich zu einem Sterbenden zu kommen. 
„Ich werde sofort kommen", lautete die 
Antwort, doch da perlte dem armen Boten 
eine Träne im Auge. „Was ist Euch, Steffen?" 
fragte der Pfarrer liebevoll. 
„Ach, Herr Pfarrer! seid auf der Hut! 
man paßt Euch auf." 
„Ich weiß, Steffen, aber ich komme doch." • 
Wenige Augenblicke später eilte der Pfarrer 
durch Wind und Wetter, das Allerheiligste 
in einer kleinen Pyxis in der Brusttasche 
bei sich tragend, zu dem Sterbenden. Das 
Wetter war so furchtbar, daß ihm niemand 
auf dem fast einstündigen Wege begegnete, und 
selbst der Gendarm schien heute zu Hause 
geblieben zu sein. So erreichte der Pfarrer 
unbehindert den Kranken gerade noch zur 
rechten Zeit, denn schon eine Stunde nach 
seiner Ankunft verschied er. Gegen Abend 
war der Pfarrer wieder zu Hause, wo er 
sich in seinen Lehnstuhl setzte und ein Pfeife 
anzündete. Der Gang hatte ihn sehr ermü 
det und er saß nun eine Weile da, um 
auszuruhen. Dann nahm er einen alten 
Folianten und blätterte darin. 
Mittlerweile war es acht Uhr geworden 
und gerade kam seine Schwester, um ihn 
zum Abendbrot zu bitten, als man unten 
wieder heftig die Schelle zog. Die Schwester 
öffnete eiligst und ein Mädchen trat ein 
und stieß hastig hervor: „Der Herr Pfarrer 
möchte sofort zum —Herrn Landrat kommen, 
er ist heute Nachmittag verunglückt unv 
liegt im Sterben." 
Ohne sich seinem Staunen hinzugeben, 
gab der Pfarrer den Bescheid: „Ich eile 
sofort hin." 
Der Landrat wohnte eine gute halbe 
Stunde vom Pfarrhaus entfernt und zwar 
außerhalb der Pfarrei. Das Wetter war 
inzwischen so schlimm geworden, daß der 
Pfarrer vor Sturm und Regen kaum vor 
wärts konnte. Er brauchte schier eine Stunde, 
bis er die landrätliche Villa erreicht hatte. 
Hier harrte man seiner in der höchsten Angst 
und welches Bild bot sich ihm jetzt dar? 
Mit zerschmetterten Gliedern lag der Land 
rat im Bette, zu sprechen vermochte er nicht 
mehr und nur durch Zeichen suchte er sich 
dem Pfarrer verständlich zu machen. Da 
lag nun der gegen seine eigene Kirche wü 
tende Kulturkämpfer da, zitternd vor dem 
Gewissen, dem nahen Tode. Mit Tränen 
in den Augen erteilte ihm der Pfarrer die 
heilige Oelung und segnete im Namen Christi 
des allbarmherzigen Gottes den Mann, der 
noch vor wenigen Stunden darnach getrachtet, 
den Pfarrer ins Gefängnis zu bringen. Der 
Landrat hatte nämlich am Nachmittag ge- 
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