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der Müllersfamilie beisammen und hörte
ihre Angstreden an, wie es ihnen denn von
nun an ohne ihn. ergehen werde. Die guten
Leute wissen sich nicht zu raten und zu helfen.
Plötzlich, eben als alles ruhig und traurig
dasitzt, springt der Soldat auf, läuft in die
Mühle, reißt mit dem Bajonett mehrere Mehl
säcke auf, streut nach allen Seiten das Mehl
hin, lauft in das Familienzimmer, wirft die
Betten hin und her, schlitzt dieselben auf,
daß die Federn herumfliegen, reißt das Stroh
aus den Säcken, ladet sein Gewehr, faßt den
Müller und sein Weib an den Gewänden
der Brust, fordert Geld, ihren Schmuck, ihr
Silberzeug, sprengt die Kästen auf, nimmt
was er Wertbares findet, wirft alles in seinen
Tornister und eilt zur Tür hinaus.
Sprachlos und entsetzt sieht die Familie
diesem Treiben zu. Endlich aber löst sich der
stumme Schmerz und Schreck in lautes Weinen
auf. Eines jammert mehr als das andere und
ruft: „O, der Undankbare! Ist das der Lohn
für unsere Pflege? Das ist nicht menschlich!"
Auf einmal werden sie alle wieder still.
Warum? Geschrei, Trompeten und Trommeln
hören sie in wildem Durcheinander immer
näher und stärker und plötzlich hören sie vor
der Haustüre schreien: Da herein! Kommt!
Im Nu sehen sie Mann um Mann ins
Haus stürzen, aber alsbald verblüfft stehen
bleiben und sie hören die Feinde verdrieß
lich darüber reden, daß sie hier zu spät ge
kommen, denn hier sei nichts mehr zu fin
den, andere hätten sich schon die Säcke ge
füllt. Das Haus ist bald leer von Feinden.
Plötzlich wird die Stille durch einen der
ben Schlag aufs Haustor unterbrochen.
Der Müller eilt den Riegel zurückzuschieben,
und als er öffnet, stößt er einen Schre
ckensruf aus — da steht er ja schon wieder
der undankbare Wildling, der rauhe, unbarm
herzige Soldat, die ehemalige Schutzwache.
Was will er denn noch? Will er den Un
glücklichen nun auch ans Leben?
Nein, nein! Beruhigen und trösten will
er die Verzagten. Er nimmt den Müller
bei der Hand, geht mit ihm rasch ins oberste
Stockwerk, öffnete den Tornister, legte Geld,
Schmuck und Silberzeug auf den Tisch —
kein Stück behält er für sich — und spricht
freundlich:
„Hier ist Euer Hab und Gut. So muß
man im Kriege handeln gegen seine Wohl
täter. Ich tat Euch weh, um Euch wohltun
zu können. All' meine Härte sollte die grau
samen Feinde von Eurem Hausezurückhalten."
So läßt auch die göttliche Vorsehung oft
Der hl. Lloricrrr.
Statue von Sattler auf dem Herz Jesu-Altar der
Vorstadtpfarrkirche in Wels.
harte Schläge über uns kommen. Aber die
härtesten Schläge, die Gott uns gibt, die
härtesten Wege, die er uns führt, und die
empfindlichsten Verluste, die er uns verur
sacht, müssen uns endlich früher oder später
offenbaren, daß Gott unser Freund war,
auch dann, wenn er uns Leid und Unglück
schickte.