Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1902 (1902)

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heiligen Jungfrauen Theresia und Clara 
und der heiligen Witwe Monika, endlich 
einige kleine geweihte Medaillen. 
Und nun, o heiliges Kreuz, du Zeichen 
unserer Erlösung, sei zugleich für die nach 
folgenden Geschlechter ein Zeichen des leben 
digen Glaubens und der innigen Liebe zur 
unbefleckt empfangenen Gottesmutter, von 
welchen durchglüht dieses unser gegen 
wärtiges Geschlecht nicht ermüdet, durch 
freiwillige Gaben das wahrhaft großartige 
Werk fortzusetzen, welches der hochherzige 
Verehrer der Unbefleckten, der Diener Gottes 
Bischof Franz Josef Rudigier begonnen hat; 
sei ein Finger Gottes, welcher den Erd 
bewohnern den Weg in ihre wahre Heimat 
zeigt; sei ein ständiges Unterpfand des 
reichsten Segens, der vom Himmel her 
niederkommen möge über die ganze katho 
lische Kirche und den Papst, über unser 
Reich und den Kaiser und über diese Diöcese, 
für welche wie für alle einzelnen Gläubigen 
Fürsprache einlegen möge die unbefleckte 
Himmelskönigin, die da ist unser Leben, 
unsere Süßigkeit und unsere Hoffnung. Es 
geschehe! es geschehe! f Franz Maria m.p. 
Bischof." Diese Urkunde hatten sämmtliche 
Domherren, sowie der Bauleiter mitunter 
zeichnet. Der hochwürdigste Herr Bischof 
machte am Montag die letzte Auffahrt und 
berührte das bereits feststehende Kreuz, dessen 
einzelne Theile er früher geweiht hatte. Die 
feierliche Kreuzweihe wird Hochderselbe zu 
gleich mit der Glockenweihe am 1. Mai 
1902 vornehmen. 
Von den 7 neuen Glocken ist bereits 
die größte (bei 160 Centner schwer) fertig und 
kann bezüglich des Tones und Ausführung 
als gelungen bezeichnet werden. 
Aber nicht bloß im Aeußeren hat der 
Mariä Empfängnis-Dom durch die Voll 
endung des Thurmes und den Aufbau 
mehrerer Schichten bei dessen Seitenkapellen 
einen großartigen Fortschritt zu verzeichnen, 
sondern auch im Innern, namentlich durch 
die Vollendung des 
Altarbaldachins, 
der sich über dem schönen Kreuze wölbt 
und dieses erst recht zur Geltung bringt. 
Auch hier musste ein Gerüste aufgestellt 
werden, welches bei seinem Bau hunderterlei 
Rücksichten zu nehmen hatte. Am 5. Febr. 
brachten die wackeren Zimmerleute des Bau 
leiters die bearbeiteten Holzstämme herbei 
und in fünf Tagen war die Aufstellung 
fertig. Die Baldachinsockel, die Marmor 
säulen und Capitäler wurden ohne Unfall 
und Umfall aufgesetzt und am 1. März 
rückte dann Meister Linzinger mit seinen 
Gesellen heran, um den von ihm schon 
lange verfertigten Baldachin sammt Figuren 
und Giebelbildern aus die vier Stützpunkte 
kunstgerecht aufzubauen, was er auch bis 
Gründonnerstag zustande brachte. Mit Be 
wunderung wurde diese „Neuigkeit" des 
Domes von allen Seiten angestaunt. 
Der Baldachin hat eine Gesammthöhe 
von 15 Metern und eine Breite von fünf 
Meter im Quadrate. Auf vier Sockeln 
aus dunkelgrünem Serpentin erheben sich 
die Säulenschäfte aus rothem Adneter Mar 
mor, darüber die originellen Capitäle ans 
verschiedenem Marmor. Ueber den vier 
Säulen ruhen vier mächtige Giebel, die in 
doppelte Kreuzblumen endigen. In den 
Giebelfeldern befinden sich wunderschön ge 
dachte und von Meister Schatz in Inns 
bruck ausgeführte Gemälde. Im vorderen 
Giebel die unbefleckte Empfängnis, d. i. die 
Erschaffung der Seele Mariens durch Gott 
Vater, im Giebel-Auslauf Joachim und 
Anna mit Lilien, gegenüber der Schutz 
mantel Mariens, auf der Evangelienseite 
der Abschied Jesu von Maria vor seinem 
Leiden (Maria Urlaub), auf der Epistel 
seite die Begegnung am Kreuzweg. Auch 
die Nebenfelder sind mit Malereien aus 
gefüllt, die Rosetten, Krabben, Kreuzblumen 
zeigen die verschiedensten Motive. Die Giebel 
werden von vier Eckthürmen flankiert, unter 
deren zarten Baldachinen je zwei Statuen 
stehen und deren oberste Spitze eine liebliche 
Engelsfigur abschließt. Die acht Statuen 
stellen folgende Heilige dar: Vorderseite 
St. Germanus und Sophronius; Rückseite : 
St. Bernhard und Ephräm (diese 4 Heiligen 
waren besondere Lobredner Mariens), auf 
der Evangelienseite: der weinende Petrus 
und Magdalena, auf der Epistelseite der 
rechte Schächer und Longinus — diese 
vier Figuren mit Bezug auf das Leiden 
Christi. Ueber dem Viereck des Baldachins
	        
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