Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1902 (1902)

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Letzthin war ich selber dort bei der 
Knackwastlin und da hat sie mir auch ein 
Schmalzkoch gemacht und dann hab ich ge 
sagt, dass ich diese Geschichte in den Kalender 
schreiben werde. Da sollt Ihr gesehen haben, 
wie sie da gekudert und gelacht hat, und 
zuletzt ist der Knackwastl auch kommen. Nun 
und jetzt ist erst die Gaudi losgangen. 
'Die werden schauen, wenn sie es wirklich 
lesen. 
Was der Mensch ißt und trinkt. 
Mit drei Bildern. 
ernt die Hausfrau am Ende des 
Monats, geschweige denn am Ende 
des Jahres, ihr Wirtschaftsbuch 
aufthut und mit ihrem Additionsexempel zu 
Ende ist, so merkt sie, auch ohne statistisch 
vorgeschult zu sein, dass die lieben Ihren 
eine schwere Menge „essen und trinken". 
Dabei ist dann gewöhnlich noch nicht einmal 
eingerechnet, was der Stammtisch „ver 
schlingt". Wieviel würde doch gespart werden 
können, wenn man nicht essen und trinken 
müsste, oder wenn, um mit den Gelehrten 
zu reden, unser Organismus nicht jener 
immerwährenden geheimnisvollen Um- und 
Neugestaltung unterläge, jenem Werden und 
Vergehen, das wir „Leben" nennen! Ja, 
das „Leben" kostet Geld! Schade, dass auch 
die Wirtschaftscasse jenem großen Gesetze 
des Lebens, dem Werden und Vergehen, 
unterworfen ist. Wir müssen es darum als 
eine weise und wohlthätige Einrichtung der 
Natur bezeichnen, dass den Frauen der 
unerbittliche Erkenntnisdrang und der weit 
ausschauende Blick des Mannes versagt ist, 
und dass sie mehr dem Worte nachleben: 
Es ist genug, dass ein jeglicher Tag seine 
eigene Plage habe! Denn welche Hausfrau 
müsste nicht, eingedenk ihres knappen Wirt 
schaftsgeldes, das än keiner Ecke reichen will, 
rettungslos verzagen bei dem Gedanken, dass 
ihre Lieben im Laufe der Jahre ganze 
Rinderherden verzehren, zu geschweigen der 
übrigen „Nährstoffe!" Wenn wir es trotz 
dem wagen, ein wenig den Vorhang zu 
lüften, hinter dem sich der Ausblick aufthut 
auf jene gehörnten Scharen und aus alles 
das, was Zeit ihres Lebens den hungerigen 
Mäulern derer bestimmt ist, die unseren Tisch 
umstehen, so thun wir es in dem Bewusstsein, 
damit auch an unserem Theile dem Zeitgeiste 
zu huldigen, der die Frau an Erkenntnis 
nicht hinter dem Manne zurückstehen lassen 
will. Wir lehnen aber jede Verantwortung 
für eine etwaige Beunruhigung der Seelen 
unserer geehrten Leserinnen im voraus feier 
lichst ab. 
Unserer Berechnung legen wir — das 
erfordert bei so materiellen Dingen die 
Galanterie; eine Zurücksetzung der Frau 
hinter den Mann liegt uns damit völlig 
ferne — einen Mann zu Grunde, und zwar 
einen gesunden Mann, mit einem gesunden 
Durchschnittsappetit, einen Mann, der, ohne 
in Pedanterie zu fallen, sich mit einiger 
Regelmäßigkeit an die von den Herren der 
Wissenschaft vorgeschriebene Speisekarte hält 
und der nicht solchen Genüssen des Gaumens 
huldigt, wie sie beispielsweise Dresse! in 
Berlin, Unter den Linden, bei seinen wirt 
schaftlichen Einkäufen berücksichtigt. 
Ein solch trefflicher Mann nun würde 
sich täglich an 500 s/ oder einem Pfund 
Brot genügen lassen. Bis zu seinem zehnten 
Lebensjahre hat selbst bereits die Hälfte 
hingereicht, und da im Alter von 60—70 
Jahren der Hunger ein bescheidener ist, so 
dürfte die gleiche herabgesetzte Tagesration 
für diese Lebensperiode ausreichend sein. 
Diese 70 Jahre mit verschiedener Ration 
würden 60 Jahren mit einer vollen Ration 
von 500 s/ entsprechen. Das ergibt für ein 
Jahr 182^2 %, für 60 Jahre ein Brot 
von etwa 11.000% ober 15 Brote zu je 
16 Quadratmetern. Dabei haben wir uns 
noch mit runden Summen begnügt und die 
Schaltjahre ganz außer Betracht gelassen. 
Bewilligen wir unserem Manne weiter, 
selbst auf die Gefahr hin, dem überzeugten
	        
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