Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1901 (1901)

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Wien als Ruhesitz erkor. Täglich las Has- 
pinger in der Pfarrkirche zu Hietzing oder 
auch in der Schlosskapelle von Schönbrunn 
die heilige Messe. 
Im Jahre 1843 — im Mai war es — 
besuchte Haspinger das Fest der Veteranen 
in Innsbruck — er war wohl der verdien 
teste darunter. 
Im Sturmjahre 1848 traten patriotische 
Tirolerstudenten in Wien als Compagnie 
in die Legion der Freiwilligen, welche zum 
Schutze des von Italien bedrohten Vater 
landes an die Grenzen Tirols abmarschierten. 
Sie hatten einen Feldkaplan von 72 Jahren 
mit; Haspinger war es, der als Greis aus 
gerufen: Freudig gebe ich Blut und Leben 
für Gott, Kaiser und Vaterland, und besser 
ist es, mich trifft eine Kugel, als dass ich 
im Bette sterbe". Ganz vorschriftsmäßig war 
der Feldkaplan damals nicht adjustiert. Er 
trug einen sehr abgeschabten, schwarzen, 
langen Priesterrock und einen hohen schäbigen 
Cylinderhut mit einer blaugrünen Hahnen 
feder darauf und einen Eichhornschwanz als 
Besteck, roth, wie der noch immer rothe Bart 
Haspingers. Als die Freiwilligenlegion wieder 
aufgelöst wurde, kehrte auch der Feldkaplan 
nach Wien, diefesmal nach Döbling zurück. 
Andere Zeiten waren gekommen, mit 
ihnen ein anderer, ein jugendlicher und that 
kräftiger Monarch Franz Josef I. 
Haspinger war im Getriebe der rasch 
aufblühenden Großstadt Wien von Heimweh 
nach den Bergen befallen worden. Kaiser 
Franz Josef I. erkannte die Verdienste Has 
pingers für Kaiser Franz, den Großvater, 
an und erfüllte das Ansuchen des greisen 
Priesters, seinen Lebensabend im Schlosse 
Mirabell in Salzburg, wo die Schlosskaplan 
stelle frei war, verbringen zu dürfen. Has 
pinger erhielt 1000 Gulden C.-M. Ruhe 
gehalt. 
Da, im Frieden der herrlichen Bergwelt, 
feierte der edle Greis im Jahre 1855 sein 
fünfzigjähriges Priesterjubiläum und ganz 
Salzburg und Tirol, durch seine Veteranen 
vertreten, feierte es mit. Auch Kaiserin 
Carolina Augusta, Witwe des Kaisers 
Franz I., dem der greise Jubilant so treu 
gedient, wohnte dem Hochamte bei. Es war 
schon ein Gruß zum Himmel. — 
An sonnenlichten Tagen stieg Haspinger, 
von den ausgestandenen Kriegsstrapazen 
fußleidend geworden, auf einen Stock ge 
stützt, langsam eine der umliegenden An 
höhen des Mönchberges oder Kapuziner 
berges hinan, setzte sich in den Schatten 
eines Baumes und sah stille vor sich hin 
nach den Bergen des Südwestens, hinter 
denen auch noch Menschen wohnen, die Ti 
roler, deren Heldenführer einer unser Has 
pinger gewesen. Er dachte an Andreas Hofer, 
den die Franzosen zu Mantua erschossen, 
am gleichen Tage, als Peter Mayr, der Wirt 
von der Mahr, sein Heldenleben für keine 
Lüge erkaufen wollte und unter den Kugeln 
der Franzosen starb, er dachte an Speck 
bacher, der als kaiserlicher Major im Frieden 
im Bette gestorben, an alle anderen Helden, 
die ihm längst im Tode vorangegangen. 
Der edle Priestergreis fühlte sich vereinsamt 
und sehnte sich nach dem Frieden des Him 
mels. Am 12. Jänner 1856 entschlief 
Haspinger im Alter von 82 Jahren sanft 
und selig im Herrn, dem er in einem be 
wegten Leben stets treu gedient. 
Haspinger wurde anfangs zu Salzburg 
bestattet, aber schon im Februar genannten 
Jahres auf Befehl des Kaisers Franz Josef I. 
nach Innsbruck überführt und dort in der 
Franciscanerhofkirche beigesetzt. Da ruht nun 
Haspinger mit Vater Hofer und Speckbacher, 
mit denen er im Leben gemeinsam gekämpft, 
friedlich im Tode vereint. Dieses Heldengrab 
sei eine heilige Stätte für jeden Patrioten, 
und in Ehrfurcht gebeugt stehe er vor diesem 
Grabmal. Es war kein Heiliger des Himmels, 
der hier geschildert wurde, aber ein Heiliger 
des Volkes, ein schlichter, ein würdiger, ein 
wahrer Kapuziner. 
Ehre sei seinem Namen und Friede 
seiner Asche!
	        
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