Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1898 (1898)

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Me man auf dein M r» einer Iran tarnen tan. 
Kine übermüthige HefchichLe. 
Von I. L. Brrmanschlägrp. 
(Nachdruck verboten. 
, er Rasierer auf der Wollzeile war 
wirklich ein sauberer Bursch. 
Der wächserne Puppenkopf in 
seiner Auslage hatte zwar 
musterhafte Locken, aber was 
waren sie gegen seine eigenen, 
die wie ein reizender Rococo- 
rahmen, in den zierlichsten 
Schnörkeln seine Stirne ein- 
sassten!SeinSchnurrbart,der 
es selbständig ohne Binde zu 
einer recht hübschen Existenz 
gebracht, wäre ganz sicher das Entzücken 
sämmtlicher Pensionärinnen eines nahen In 
stitutes gewesen, wenn er die Oberlippe eines 
Dragoner-Lieutenants beschattet hätte. An 
dem Manne, der es kaum zur Mittelgröße 
brachte, weil er aus lauter Bescheidenheit 
keinen Menschen auf der Welt überragen 
wollte, war alles solid bis auf den Schreib 
namen, den man leichtfertig nennen muss, 
denn er lautete: „Hupferl". Erhalte Talent, 
mehr als alle anderen Haarkünstler der Haupt 
stadt. Man muss sagen, er war sogar ein 
Dichter, denn die interessantesten Geschichten 
wusste er zu erzählen, er that es mit hin 
reißendem Schwung und sie waren alle sammt 
und sonders so wunderschön erlogen. Sein 
Geschäft nahm dabei den lustigsten Fortgang. 
Jeder, der ihm unter's Messer kam, lachte 
aus vollem Halse, selbst der verstockteste 
Griesgram verzog sein Gesicht, als wollte 
er sich die Fliegen aus der Nase niesen. 
Den jungen Damen gegenüber war sein Herz 
von fabelhafter Güte und eben deshalb noch 
frei. Mit der unnachahmlichen Grandezza 
eines Hidalgo bot er ihnen alles, nur nicht 
seine Hand, denn hätte er dies nur bei einer 
versucht, dann wären sicherlich alle andern, 
die er nicht für sich begehrt, beleidigt ge 
wesen. Und jemanden beleidigen wollen? ~ 
Nein, nein, er hielt es lieber mit dem friedlich 
ordnenden Kamm als mit der schneidig, knir 
schenden Scheere. Wenn das aber so fortgieng. 
was musste wohl dann aus ihm werden? 
Ein ewiger Junggeselle, der zuletzt Pudeln 
dressiert und das Stoppelfeld auf seinem 
Kinn mit Schnupstabak ansät? Eine Vor 
stellung, die nur einer infernalen Phantasie 
entspringen kann! 
Mit dem sieghaften Lächeln eines Kriegs 
helden, der sich vor jeder Ueberrumpelung 
gefeit dünkt, tritt „Hupferl" in seinem Frisier 
salon vor den mannshohen Spiegel. Er 
besieht sich im Glase zuerst on sage, dann 
en profil und plötzlich wird sein Antlitz starr 
vor Entsetzen. Mit beiden Händen streicht 
er sich über die Brust und noch etwas tiefer 
hinab und ihm ist, als betasteten seine Finger 
den ledernen, wohlgefühlten Fußball, den 
er in der Turnhalle erst unlängst gesehen. 
„Unmöglich, das muss eine Sinnestäuschung 
sein!" knurrt er wie ein von einer Katze 
angepfauchter Hund, reißt den Hut vom 
Nagel und stürmt in sein Stammbeisel. 
Wie er seinen guten Brüderln ordnungs 
gemäß die Hände geschüttelt, frägt ihn sein 
bester Freund, der Tailleur Schlüpft: „Na, 
Vickerl, was ist's denn? Wann fahrst denn 
du nachher dem Andröe schon nach?" — 
„Du Schuster von einem Schneider" so ruft 
der Ankömmling aus und meint, er habe 
einen guten Witz gemacht, „wie kommst denn 
du auf so was?" — „Wegen was und 
wie so?" lacht der Spezi, „ja weil du halt 
schon seit etlichen Wochen alleweil damit 
umgehst, deinen Luftballon anzufüllen. Wie's 
jeder Christenmensch seh'n kann, ist er schon 
anständig groß." Alle kriegen einen Krampf 
husten vor lauter Heiterkeit, nur unser Hupferl 
seufzt trübselig: „Also doch" und lässt die 
Glieder hängen, wie eine fünfzigjährige 
Jungfer, der man den Taufschein zum 
Präsent macht. Doch nur einen Augenblick 
zeigt er sich schwach, dann fährt er auf und 
beschwört seine Getreuen, ihm doch um
	        
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