Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1898 (1898)

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einhält, höchstens dass das Diner manchmal 
etwas hinausgeschoben wird, was ihm aber 
selbst immer Unbehagen bereitet. Hansens 
Programm der Tagesordnung hat nur zwei 
Nummern: Trillern und Naschen, und er 
befindet sich dabei sehr wohl, trotzdem er 
schon etwas verlebt aussieht. 
Auch in Zeiten der Gefahr ist Muckl 
groß; zaghaft und kopflos dagegen der 
flatterhafte Sänger. Beiden lebt noch frisch 
im Gedächtnis jener unvergessliche, schreck 
liche Tag, da der Feind sich wider sie erhob 
und der Tod in furchtbarer Nähe dräute. 
Es war gegen Abend, als plötzlich auf einem 
dem Fenster und dem Hause der Sänger 
nahen Balköne die große, graue Hauskatze 
erschien, und sich die Schnauze leckend, hin 
überschielte auf die Beiden. Hans raste eben 
singend in seinem Gemache herum und ahnte 
nicht die drohende Gefahr. Der bedächtige 
Muckl dagegen hatte sofort den grimmen 
Feind bemerkt und verständigte durch einen 
Nothruf seinen Nachbar im oberen Stock, 
der nun aus seinen sanften Tönen in ein 
entsetzliches Geschrei verfiel und rath- und 
kopflos hin- und herrannte, während unten 
Muckl sich mit Würde zum Tode vorbereitete. 
Vorerst besah er seine Fänge, mit einem 
Blicke auf den wohlgerüsteten Feind jedoch 
erkannte er, dass Widerstand vergeblich sein 
werde. So beschloss er denn unverzagt zu 
sterben, wie er gelebt, nahm seine Denker 
stellung auf den Sprossen ein und sonder 
Furcht und Zagen erwartete er den Angriff 
des Feindes. Doch dazu kam es aber nicht. 
Hansens disharmonische Töne und Sprünge 
verständigten mich von der Gefahr und ich 
that als Hausherr meine Pflicht, von 
meinen Parteien jedwede Fährlichkeit ab 
zuwenden, und sorgte, dass nie mehr 
ihr friedliches Leben in so aufregender 
Weise unterbrochen und gestört werde. Ein 
warmer Lobgesang aus Hansens Brust 
und ein dankbarer Blick Muckl's waren 
mein Lohn. In Hans brach bald die alte 
Fröhlichkeit wieder durch, Muckl aber ist 
seit jener Stunde noch ernster geworden und 
scheint mir jetzt zum Pessimismus hinzu 
neigen. Obwohl ihm Hans die schönsten 
Weisen singt, bleibt er kühl, jene Stunde hat 
ihm den Rest romantischer Anwandlung, 
der noch in ihm war, wie ein Reif ver 
sengt. Würdig verzehrt er seine Mehl 
würmer und trinkt sein Wasser, allem anderem 
gegenüber stellt er sich aus den Standpunkt 
der reinen Negation. Und doch wurde ihm 
an seiner Wiege ein ander' Lied gesungen. 
Als ich ihn ins Quartier bekam, da hieß 
es, nie sei eines Sängers Stimme so voll 
und schön ertönt, wie die Muckl's. Ich 
wartete einige Tage und freute mich auf 
den Kunstgenuss, doch Muckl schwieg. Er 
war kein Sänger, dafür lernte ich in ihm 
den Denker und Philosophen kennen, und so 
wohnt er zusammen mit Hans, dem Sänger, 
die Prosa mit der Poesie. 
Floridus Blümlinger ist geboren am 
1. November 1862 im Dorfe Wilhelming, Pfarre 
Utzenaich, als Sohn eines Zimmermannes, der 
sich durch Geschicklichkeit zum Verfertiger landwirt 
schaftlicher Maschinen vervollkommte. Floridus war 
der älteste von vier Brüdern. Er besuchte die 
Volksschule in St. Lambrechten, dann von 
1875 bis 1883 das Staatsgymnasium in Linz, 
trat im August 1883 im Stifte Reichersberg 
ins Noviziat und absolvierte im Stifte Sauet 
Florian 1884 bis 1888 die theologischen Stu 
dien. Vom 1. Juni 1889 bis 18. August 1890 
wirkte Blümlinger als Cooperatvr in St. Lam 
brechten, wo er einst die Schule besucht hatte. Seit 
1890 weilte er im Stifte. Wir bringen den Lesern 
die Abbildung des Dorfes St. Lambrechten, wo 
unser Floridus die Anregung zu den meisten 
„Gschichtln" cmpfieng und wo auch die meisten 
derselben entstanden sind. 
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