Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1898 (1898)

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Zwei Proben aus den „Guckkastenbildern" 
von Floridus Blümlingry. 
(Verlag des kathol. Pressvereines Linz. Reich illustriert. In Originalband 1 ft. 25 kr., per Pvst 1 fl. 30 kr. 
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Großmutters fob. 
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Aer Johann Winkelhofer war einer der auf- 
W merksamsten und besten Schüler in der 
ganzen Classe. Besonders Kopfrechnen konnte 
keiner so, wie er; bei der letzten Prüfung 
hatte er den ersten Preis bekommen, und 
dann war er aus der zweiten in die erste 
Bank vorgerückt. Aber heute war der Bursche 
offenbar nicht bei der Sache. Ueber das Lesebuch 
hinweg sah er in die Ecke des Schulzimmers, 
und wie der Lehrer jetzt seinen Namen rief, 
fuhr er zusammen, und was ihm noch nie 
passiert war, das geschah ihm jetzt: er „war 
nicht dabei"; er hatte nicht mitgelesen und 
wusste nun nicht weiter. Eine brennende 
Rothe stieg in dem Gesichte des Knaben 
auf, dann füllten sich seine Augen mit 
Thränen, und der Lehrer, der sich schon den 
Kanzelspruch zu einer Strafpredigt zusammen 
dachte, erkannte, dass es mit Winkelhofer und 
seinem Wesen heute ein eigenes Bewandtnis 
haben müsse. „Was ist's, bist du krank? Thut 
dir was weh?" fragte darum der Lehrer den 
Knaben. Der brach nun in lautes Weinen 
aus, und fast konnte der Lehrer die unter 
Schluchzen hervorgestoßenen Worte des 
Kindes nicht verstehen : ,,D'Ahnl stirbt 
heut'!" „Na, Winkelhofer, kannst heim- 
geh'n!" sprach der Lehrer, und noch unter 
Thränen räumte der Knabe seine Sachen 
zusammen, hängte den Ranzen um und 
machte sich auf den Heimweg. War ein 
weicher Bub, der Hans ! Anders, wie die 
übrigen Kinder, stiller und ruhiger: wenn 
die Kameraden spielten und sich herum 
tummelten, da saß er bei der „Ahnl" und 
lauschte ihren Geschichten, oder plauderte 
ihr selbst etwas vor. Wenn die Großmutter 
vom Hause fortgieng, war ihr der Hans 
unentbehrlich. Sie hatte nämlich durch einen 
unglücklichen Sturz einen Fuß gebrochen, 
der später amputiert werden musste, und 
j trug nun einen Stelzfuß. Das Unglück traf 
sie in schon ziemlich hohem Alter, und so 
lernte sie mit dem ungefügen Stelzfuß nicht 
mehr sicher auftreten. Da war nun der 
Hans da. Sowie es über einen Graben 
gieng oder über eine holperige Stelle des 
Weges, da stützte sich die Großmutter mit 
der rechten Hand auf einen Stock, mit der 
linken aber auf Hansens Schulter, der nie 
stolzer und froher war, als wenn er der 
„Ahnl" in dieser Weise dienen konnte. Wenn 
die „Ahnl" die alte Müllerin, ihre Schul 
kameradin, heimsuchte, da gieng er besonders 
gerne mit, denn da gab es immer ein 
schönes Stück Brot, und das war so weiß, 
viel weißer, als das der Mutter. Da war 
die Großmutter krank geworden. Sie lag 
schon einige Tage zu Bette, und wenn man 
fragte, was ihr denn fehle, dann hieß es: 
„Ja, mein Gott, ist halt ein altes Leut' 
schon, keinen Appetit, und Wasser kommt 
auch." „Wenn das Wasser bis zum Herzen 
kommt, dann ist's aus;" das hatte der Hans 
gehört und nun fragte er den Vater täglich, 
wie weit denn das Wasser sei und ob es 
denn immer vorwärts gehe. Wenn die 
„Ahnl" nicht schlummerte, saß er vor ihrem 
Bette, las ihr auch zeitweilig vor und der 
„Ahnl" Blicke ruhten mit Liebe und Weh 
muth zugleich auf dem Gesichte des anhäng 
lichen lieben Enkelkindes. Die „Ahnl" be 
kam Krankenkost, etwas besseres, als draußen 
in der Stube auf den Tisch kam. Doch, von 
jedem musste ihr Hans etwas haben und 
essen, sonst schmeckte es ihr nicht. So waren 
einige Tage vergangen und als der Hans 
heute früh sich zur Schule fertig gemacht 
hatte, hatte er den Vater wieder gefragt, 
wie weit denn das Wasser schon sei. Und 
der Vater hatte den Knaben so traurig 
angesehen und gesagt: „Hans, thu' beten, 
heut' reist die ,Ahnl' zum Himmelvater!" 
Er hatte auch recht kräftig gebetet in der 
Schulmesse, seine Gedanken waren immer
	        
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