(106)
und sonnenglanzüberslutet dalag vor seinen
Blicken. Seine Gedanken folgten den Worten
des Sprechers und eine Kette von eigenen
Gedanken folgte in hastigen Reigen.
Endlich hatte der Baron geendet:
„Nun, Freundchen, möchtest du nicht
ein gleiches Leben führen, wie ich?"
Karl schwieg. Sein Herz kämpfte einen
harten Kampf. Ja, es wäre ein schönes,
leichtes Dasein, was da sein Freund schilderte.
Wer würde da seine Nachtruhe stören und
ihn forttreiben in die stürmische Nacht?
Wer würde ihn hineinschicken von einer
Krankenstube in die andere, oft mit eigener
„Du fragst, ob es mir gefiele? Ich frage
dich, ob ich ein solches Leben führen dürfte."
„Warum fragst du nach dem .dürfen',
bin ich denn nicht ein freier Mann?"
„Schulde ich es nicht der Gesellschaft,
dass ich meine Kräfte anwende?"
„Der Gesellschaft? Welcher Gesellschaft?
Den Menschen? Den Menschen, diesem
Gemenge von Neid und Hass, diesen Menschen,
die dich verlachen, wenn du ihnen gut bist
und dir undankbar sind, wenn du ihnen
wohlthust? Freund, wer an die Menschheit
glaubt, vergisst über dieser Phrase sich
selbst, um zuletzt doch zur einzig wahren
IKifi
Sprschsiundo bei Kneipp.
Gefahr, oft ohne Entgelt, ohne Lohn? Ja,
schön wäre ein Dasein wohl, wie es der
Baron geschildert! Aber steigtInicht neben
dem einen lockenden Bilde ein anderes vor
seiner Seele auf: Seine Gattin, sein Kind,
seine Ehre, das Bild seines Vaters. Es
pocht und hämmert eine Stimme in seiner
Brust: Wie könntest du dies vor mir, dem
Gewissen verantworten? Darfst du die Kraft
und das Talent, das dir gegeben, ver
schwenden? Bist du nicht einem Richter
Rechenschaft schuldig?
„Du scheinst lange stumm zu sein, Karl?
Gib mir Antwort: Gefiele dir nicht auch
ein solches Dasein?"
Philosophie zurückzukehren: Ich bin mir selbst
der Nächste."
Karl war tief in Gedanken versunken.
Härter denn je fühlte er den Kampf in sich,
sollte er unterliegen?
„Und wenn ich es der Menschheit nicht
schulde, schulde ich es nicht demjenigen, der mir
meine Fähigkeiten gegeben, meinem Gott?"
Karls Antlitz glühte. Aus ihm hatte jene
Sprache gesprochen, die wohl gedämpft, nie
aber ganz zum Schweigen gebracht worden
war. Seim edleres, sein wahres Wesen hatte
aus ihm gesprochen.
Silberstein lächelte.