Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1898 (1898)

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Sie es erlauben, bringe ich auch ein paar 
gute Freunde mit." 
„Gewiss, macht uns nur Vergnügen in 
der Einsamkeit unseres Schlosses," sagte die 
Frau und ihr Mutterauge strahlte in Wonne. 
Auch das Auge des Edelmannes war jetzt 
nicht mehr Feuer und Flamme, sondern 
blinzelte vergnügt. 
Der Sonntag kam. Mit ihm erschien auf 
dem Schlosse des Edelmannes der Auerhahn- 
jäger Josef Franz als der junge Kaiser Franz 
Josef I. von Oesterreich in großer Marschalls 
uniform, mit dem goldenen Vließe geschmückt. 
Zwei Adjutanten, ebenfalls in Galauniform, 
folgten ihm. Der Edelmann erkannte jetzt 
erst seinen hohen Gast und stammelte verwirrt: 
„Majestät, können Sie mir vergeben?" 
„Nichts von Vergebung. Sie waren ja 
vollkommen in Ihrem Rechte. Heute bin ich 
ja als Taufpathe Ihres holden Kindes da 
und einen solchen Freudentag soll keine un 
angenehme Erinnerung stören." 
Im Angesichte des kleinen Kindesengels 
feierten Kaiser und Edelmann ein schönes 
Fest der Versöhnung und das Auge der 
jungen Frau glänzte von einer Perle — 
der Mutterthräne. 
III. 
Gin guter Rath. 
Eines Tages wollte sich Kaiser Franz 
Josef I. den Hochgenuss einer Auerhahn 
jagd verschaffen und wählte sich dazu das 
Revier im Weichselboden bei Maria-Zell. 
Er vertauschte aber diesesmal den Soldaten 
rock mit der Jagdjoppe, das Käppi mit 
dem grünen Berghut, den Degen mit dem 
Bergstock. So ausgerüstet gieng der Kaiser, 
begleitet von einigen hohen Jagdgästen in 
Gebirgstracht, in den dämmernden Früh 
morgen hinein. Ein heiteres Gespräch kürzte 
den Weg. Da kamen zwei derbe alte Holz 
knechte daher. Die zwei Waldmenschen, knorrig 
wie die Eichen, hatten von dem Kaiser schon 
viel Gutes und Schönes gehört, denselben 
aber noch mit keinem Auge gesehen. Der 
Vorfall trug sich nämlich zu Beginn der 
Regierung des jugendlichen Monarchen zu. 
In der Dämmerung glaubten die Holzknechte 
einige ganz gewöhnliche Revierjäger vor sich 
zu haben und traten auf den nächsten besten, 
ans den Kaiser, zu. Der ältere Holzknecht fragte: 
„Jaga, habt's koa Fuir?" Der Kaiser 
zündete sofort bereitwilligst einen Buchen 
schwamm an und reichte diesen in leutseligster 
Weise dem Holzknechte dar. Im nächsten 
Augenblicke glimmte die Pfeife und der zu 
friedene Raucher blies die Wolken dampfend 
hinaus. 
„Jaga, geht's af'n Hahn?" brummte 
der Alte wieder. 
„Ja, warum?" fragte der Kaiser. 
„Weil Enk da Hahn was pfeis'n wird, 
wann Ihr gar so laut dischkuriats," ant 
wortete der Holzknecht. 
„Grobian," flüsterte der Jagdleiter dem 
Alten ins Ohr, in die Seite aber gab er 
ihm einen tüchtigen Rippenstoß, „der Herr 
da ist ja Seine Majestät, der Kaiser." 
„Rix für ungut, Herr Kaiser, 's guat 
g'moant," entschuldigte sich der Holzknecht, 
schob seine Birnbaumene in den Mundwinkel 
und trabte mit seinem Gefährten dem Walde 
zu. Der Kaiser aber lachte aus vollem Herzen 
über die Urwüchsigkeit dieses knorrigen Hinter 
wäldlers. 
IV. 
Das misstrauische Muerlein. 
Im Jänner 1871 hatte Kaiser Franz 
Josef 1. mit seiner erlauchten Familie für 
einige Zeit Winteraufenthalt im Schlosse 
Trautmannsdorf bei Meran genommen. Der 
Monarch machte jeden Morgen einen Aus 
flug nach einer der nahen Höhen und Niemand 
vermuthete in dem einsamen Wanderer im 
Jägermantel den Kaiser von Oesterreich und 
Landesherrn von Tirol. 
Auf einer dieser Bergtouren war der 
Kaiser einmal in die Nähe einer ärmlichen 
Hütte gekommen, aus welcher ihm lautes 
Weinen und Wehklagen entgegentönten. Der 
edle Monarch hatte noch wenige Klagen 
ungehört und Thränen ungetrocknet gelassen. 
Er trat ein und gelangte durch die enge 
Hausflur in einen kleinen Hof. Dort lag 
eine verendete Kuh und vor dieser stand 
ein bejahrtes Ehepaar, welches in seinem 
Jammer den Eingetretenen nicht bemerkte. 
Händeringend klagte der Alte im Tiroler- 
dialecte: 
„Ausch isch und gor isch mit unsch; 
d' Hütt'n isch bisch übersch 's Dach ver 
schuldet und 's leschte Stückl Rind isch 
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