Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1898 (1898)

Zum Jubiläum 1898. 
IlnskdotSN Aus bem Lsbsn bss fvciifcrs ftranj Jofsf I. 
Erzählt von Ferdinand Zöhrer. 
I. 
Gin Abenteuer im Gaflhofe. 
m Alter von sechzehn Jahren pirschte 
der damalige Erzherzog Franz Josef mit 
seinem Bruder Erzherzog Maximilian 
zum erstenmale im Reviere von Eisenerz in 
Steiermark. Damals war der jetzige „ Kammer- 
Hof" noch nicht als kaiserliches Jagdschloss ein 
gerichtet und die den biederen Eisenerzern noch 
nicht bekannten Prinzen wohnten im heute 
noch bestehenden Gasthofe zum „König von 
Sachsen". Eines Abends nun. nach einer 
ermüdenden Jagd, kehrten die beiden jungen 
Prinzen in ihr Zimmer im Gasthofe zurück 
und machten es sich auf dem nach damaliger 
Faqon recht breit gebauten Sopha auch recht 
bequem. Bald aber lernten die Ruhenden 
einsehen, dass auch für Prinzen keine Rosen 
ohne Dornen wachsen. Es trat nämlich die 
Frau Wirtin ein, welche nicht ahnte, dass 
unter den grauen Lodenjoppen, kurzen Leder 
hosen und den grünen Wadenstutzen kaiserliche 
Prinzen stecken sollten. Im vollen Bewusst 
sein ihrer Würde als „Königin von Sachsen" 
rasselte die behäbige Frau alten Schlages mit 
dem Schlüsselbunde am Gürtel, stemmte die 
kugelrunden Arme in die Seite, warf einen 
strengen, bannenden Blick auf die Ruhenden 
und sagte in einem Tone, der gerade nichts 
Königliches an sich hatte: 
„Ja, käst denn unsereins a funkelnagel- 
neuches Kanapee um theures Geld nur des 
halb, dass sich so junge Herren im staubigen 
Jagdg'wand und mit noch staubigeren Schuhen 
der ganzen Längs nach mir nix, dir nix 
darauf legen? Das geht nöt an, das ist im 
ganzen, großen Oesterreich und beim »König 
von Sachsen« in Eisenerz nöt erlaubt." 
Als die so scharf gerügten Prinzen die 
Augen der Wirtin so strenge auf sich ruhen 
sahen, erhoben sie sich lächelnd. Erst nach 
geschehener Beruhigung von Seite des er 
lauchten Brüderpaares verließ die Gasthof 
königin majestätisch das Zimmer. 
Diese Anekdote aus seinem Leben erzählte 
Kaiser Franz Josef I. dem wirklichen Könige 
von Sachsen, als er eines Tages mit seinem 
hohen Jagdgaste an dem Gasthofe in Eisenerz 
vorübergieng. 
„An dieses Haus knüpft sich eine fürchter 
liche Erinnerung aus meiner Jugendzeit," 
lachte der Kaiser. 
II. 
Der unbekannte Gaufpathe. 
In seiner frühesten Regierungszeit war 
es, als sich eines schönen Tages der jugend 
liche Monarch Franz Josef I. aus der ge 
räuschvollen Residenz hinaussehnte nach den 
stillen Bergen der grünen Steiermark. In 
einfacher Officiersuniform, doch mit der 
Büchse, nur von einem Adjutanten begleitet, 
wollte der Kaiser auf die Auerhqhnbalz gehen. 
Der lose Vogel aber entfloh aus dem kaiser 
lichen Reviere und ließ sich auf dem an 
grenzenden Gebiete eines adeligen Jagdherrn 
nieder, ohne dass der Kaiser in der Dunkelheit 
eine Ahnung hatte, dass mit dem Vogel auch 
die Jäger unbewusst ein fremdes Revier be-
	        
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