Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1897 (1897)

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nach Eselinnen und fand ein Königreich und wir 
suchten Knaster und fanden 2000 Ducaten. Mit diesen 
Königsschätzen werden wir gleich unserem Glücksbruder 
Saul I. König von Juda und Israel den Feldzug in 
das Land der Philister eröffnen." 
Holde Träume umgauckelten gleich unsichtbaren 
Genien ihre Schläfe, indem sie sich auf Flügeln holder 
Geister den nordischen Eisfeldern des Hungers ent 
rissen und in hesperische Himmelsfernen versetzt wähnten, 
und schon im Schlummer am Baue ihrer Lustschlösser 
begannen. 
Der erste Besuch galt Wildröslein auf der Heide, 
dem Magnet, welcher sie von der Dachkammer in 
die sonnige Auctionsgasse gezogen hatte. Mit. einem 
Sträußlein am Hute schieden sie unter Bedauern, das 
magere Röslein auf dürrer Heide lassen zu müssen, 
während ihr eigener Boden derzeit in Milch und Honig 
fließt. Doch Hundsröslein lispelte leise im Abend 
winde, ich gedeihe hier am liebsten, und wehe, wehe, 
wenn Milch und Honig euch zum Sumpfe werden, 
um darin elendiglich unterzugehen. Vielleicht baldiges 
Wiedersehen? 
Die nächste Ehre widerfuhr dem geschundenen Gold 
hund. Dem wurde durch reichlichen Füllstoff von 
Papier und Hobelspänen und von wegen der Her 
haltung des statischen Gleichgewichtes mit mehreren 
wuchtigen Kieseln zu ungeahnter Wollbeleibtheit und 
Fettigkeit verholfen, nur des Pudels Kern, die Rollen 
blieben weg, da die weisen Jungen Aeskulaps dafür 
vernünftigere Verfügung wussten. Waren sie ja rund, 
und die Goldfüchslein, die allerliebst voll Neugier her 
vorguckten, waren wieder rund, und warum war denn 
alles rund, wenn es nicht im lieblichen Klang, anstatt 
träg zu trauern im Bauche des geschundenen Hundes, 
durch die heitere Welt rollen sollte. Daher wurde 
die weite Blessur mit kundiger Hand vernäht und so 
sah das vollgesütterte Thier wie zu neu beglücktendem 
Dasein geboren vom hohen Osendeckel in die Studier 
stube hinein. Zu höherer Zier und Ausschmückung, 
wurde ihm das dürr gewordene Hundsröslein in das 
Maul gegeben, weiters Beißkorb aus Spagat herum- 
gethan, welcher dem Thier vollends hundemäßiges 
Ansehen großen Muthes und Ergimmtheit verlieh. 
Eine weitere Ehrung brachten die Goldbergwerks 
besitzer den Schustern, Schneidern und sämmtlichen 
Künstlern im Bekleidungsfache, welche Ehre wieder 
auf deren Urheber zurückfiel, indem sämmtliche Schuster, 
Schneider den Herrschaften nach erhaltener Bezahlung 
für die große Ehre des Erscheinens die Hände drückten 
und sich die abermalige Ehre baldigen Zuspruches 
ausbaten. 
Die letzte und darum gewiss nicht geringste Ehre 
widerfuhr den Professoren, welche nach ertheilter Be 
scheinigung über abgelegte Rigoros« die Versicherung 
erhielten, dass sie für die zwei getrost den schweren 
Weisheitstrichter zur Seite und sich selbst zu Bette 
legen können, wozu sie ihnen noch eine ruhsame gute 
Nacht wünschten. 
Zu allerletzt wurde dem Hausherrn der Zins 
für drei Jahre vorausbezahlt mit dem gestrengen Auf 
trag, den bissigen Köter wohl unter Verschluss zu 
halten, bis sie aus dem Lande der Philister und Amale- 
kiter zurück wären, widrigenfalls Ersatz zu leisten wäre. 
„Geschieht schon, gnädige Herrschaften", sagte der 
gefällige Herr, „geschieht schon!" und so schied man 
unter Händedruck auseinander. 
II. 
Ein neuer Sommer war wieder in das Land ge 
kommen und auf den Wink seines blumigen Scepters 
sprossten allenthalben Blüten und Gewächse. Auch 
Hundsröslein auf der Türkenschanze war wieder er 
wacht, doch das neue Sommerkleid der kleinen Heide 
prinzeß war noch nicht fertig gebracht und das Diadem 
von Amethyst und Rubinen zum bevorstehenden Sommer 
feste noch nicht in die weichen Locken gedrückt, indem 
die Knospen noch wie winzige Erbsenküglein schüchtern 
aus der zarten Blätterhüllung der Zweigspitzen lugten. 
Hungerblümchen warteten schon in Menge, auch Ja 
sionen, Habichtskräuter, Sandnelken und Sedum, welche 
sämmtlich zu den wenig bevorzugten Kindern der Natur 
zählen, hatten sich schon in ungezählten Scharen ein 
gefunden. Schwarze Heimchen füllten die Luft mit 
ihrem eintönigen und doch so traulichen Frühlings 
gezirpe, Blaumäntlein Argusfalter naschte den spär 
lichen Honig und Uferschwalben jagten pfeilschnell 
darüber hinweg. 
Auch drei Männergestalten standen auf der 
Schanze fremde Laute redend, von denen sich einer 
sichtliche Mühe gab durch Ueberredungskunst zu wirken. 
„Dpsilanti" „Fürst Alexander" „Griechenland" waren 
die Kernpunkte des großen Wortschwalles. Es war 
gerade jener Zeitpunkt der Zwanziger-Jahre, wo das 
Griechenvolk des Türkenjoches satt, dasselbe von sich 
werfen wollte und zum Mittel der Revolution griff. 
Zugleich wurde bemerkbar, dass zwei in abgefärbten 
Kleidern dem mageren Schotterboden täuschend ähnlich 
sahen und der eine davon die Worte zu Papier brachte: 
„Elegie auf Mitbruder Saul I., Ex-König von Juda 
und Israel." 
Held! ragend empor über Israels Recken 
Hoch; jubelumtost, der Philister /Schrecken; 
Becymbelt, bezeiget, betrmnmelt, besungen, 
lind beifallumrauschet von Alt und von Jungen! 
Ah! stehend beim Fenster beschaust du mit Schmerzen, 
Wie Knabenflaum bejubeln die Herzen, 
So kürzlich empor hoch zum Himmel Dich hoben, 
Vor dem in den Wind stets die Feinde zerstoben. 
Traun! Stürzt so hernieder aus sonnigem Pfade 
Manch' Glückskind zerschmettert auf eis'ges Gestade! 
So spinnen die Parzen die zwirnigen Fäden 
Von menschlichem Glücke und menschlichen Schäden. 
Hu! lügen hier Schwerter zwei, um zu stürzen 
Wie Saul hinein, um das Leben zu kürzen 
Das schnöde, papier'ne ohn' Lust und Moneten 
Zum größten Schaden für die kommenden Jahr 
tausende wurden die „zwirnigen Fäden" der Elegie 
nicht mehr weiter gesponnen, da der dritte stets vom neuen 
die knatternden Knalleffecte seiner Ueberredungsgeschosse 
dazwischen schob; jedoch zum Glücke der Mitwelt fiel 
keine Lebensverkürzung vor, indem keine schneidigen 
Schwerter unter den emporsprossenden Rosenknospen 
lagen, sondern sich nur harmlose Blümlein ihres 
sonnigen Daseins freuten.
	        
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