Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1897 (1897)

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von Sachsen-Coburg-Gotha. Vier Jahrhunderte 
blickt die gewaltige Feste in das Stromthal herab. 
Siegmund Prüschink, Freiherr zu Stettenberg, und 
sein Bruder Heinrich hatten sie im Jahre 1493 er 
baut. Siegmund Prüschink war ja der geliebte Hof 
marschall des Kaisers Friedrich III., dessen Sohn, 
Kaiser Maximilian I., die Prüschink zu Grafen von 
Hardegg und Machland erhob. Das Städtchen Grein, 
das einst vom Strome viel Nutzen gezogen, dem er 
aber viel geschadet durch Ueberschwemmungeu, ist heute 
eine gesuchte und besuchte, eine angenehme Sommer 
frische für Linzer und Wiener Familien. 
Unterhalb Grein brechen sich die Wellen der Donau 
an einem Felsriffe; sie werden an das rechte Ufer 
gedrängt, ein für kleine Kähne nicht ganz ungefähr 
licher „Schwall" entsteht dadurch. 
Hundertemale, sattsam bekannt mit den Gefahren des 
Stromes, diese Strecke gefahren und Hundertemale 
presste es sein Herz zusammen. Denn wehe, wenn 
seine Hand nicht Kraft genug hatte, das Steuerruder 
bald hinüber bald herüber spielen zu lassen. Die 
Schiffsleute bekreuzen sich, die Passagiere beten stille 
vor sich hin. Die Männer müssen an die Ruder, die 
zitternden Weiber, die jammernden Kinder in die 
Schiffshütte hinab. Das Tosen der Gewässer wird 
zum Donner, zum fürchterlichen „Memento mori“. 
Die Wellen peitschen die Schiffsplanken, dass diese 
krachen, weißer Gischt schlägt in die Schiffshütte, er 
kommt aus dem nassen Grabe herauf. Der „Strum- 
sührer" späht nach der Insel Wörth aus, welche die 
tosende Wassermasse theilt, rechts in den seichten, nur 
bei Hochwasser fahrbaren „Hössgang", links in den 
Der Ltrudst bei Grs in 
Die Gebirge treten jetzt rechts und links etwas 
auseinander, ein stärkeres Brausen der Gewässer lässt 
sich «hören. Die Fluten sind unruhiger geworden, 
stürmischer geht es abwärts, dem ehemals so gefürchteten 
„Strudel" und „Wirbel", der Skylla und Charybdis 
der Donau zu, die auch heute noch viel interessanter 
sind als das so viel beschriebene „Bingerloch" des 
Rheins. Die Gefahren des „Strudels" und „Wirbels" j 
sind heute zur Sage geworden. Will aber der Leser 
wissen, in was selbe bestanden, will er nachträglich 
das Gruseln lernen, so mache er mit mir im Geiste 
eine Fahrt, wie sich selbe noch zu Anfang dieses Jahr 
hunderts gestaltete. 
Auf dem hölzernen Schiffe, dem tiefgeladenen 
„Kehlheimer", auf der „Ordinari", welch' Hin- und 
Hereilen der Schiffsknechte, welch' genaues Schauen 
des ergrauten Nauführers, der in Grein als „Strum- 
führer" an Bord genommen wurde. Er ist schon 
„Strudel" (Strum), mit der Hauptwassermasse, 
dem nächsten Rinnsal an der Felseninsel. Am Ein 
gänge dieses Canals ragen Felsen heraus, bomben 
artig, das sogenannte „Ghachlet" (Bumaghachlet) 
bildend. Ein Stoß auf eines dieser offenen und ver 
borgenen Riffe und die Wellen warfen sich die Schiffs 
trümmer und die Leichen der Verunglückten zu. Nun 
vereinigen sich die von der Insel getheilten Rinnsale; 
im starken Gefälle stürmen die Wellen gegen Norden, 
gegen den Felsen „Hausstein", sie werden wieder 
zurückgeworfen gegen den Felsen „langer Stein", 
bilden tosend einen furchtbaren Trichter, den 
„Wirbel". Das Schiff muss genau die Mitte des 
gefürchteten „Wirbels" durchschneiden, da es sonst 
in den Abgrund gedreht würde, wo es kocht und 
siedet. Doch Gott war am Steuer, die Gefahr ist 
vorüber, die Todesangst weicht und Lebensfreude er 
wacht. Die Ruder sind außer Thätigkeit, der „Strum-
	        
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