Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1897 (1897)

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Ritterrüstung, von einem langen Purpurniantel um 
wallt, ragt aus der Menge der Krieger hervor. Auf 
dem Haupte trägt er einen kronenartigen Helm, vom 
würdevollen Antlitz voll Ernst und Milde fließt ein 
langer, röthlicher, stark mit Weiß durchzogener Bart 
auf die starke Brust herab, deren schimmernder Panzer 
das rothe Kreuz schmückt. Kaiser Friedrich, der 
„Rothbart" lobesam ist es, der zum heiligen Grab 
gezogen kam, wie der Dichter sagt. 
Auch in unserem Lande ob der Enns schließen 
sich viele Edle, Ritter und Reisige den Kreuzfahrern 
an. An manches Kloster, an manche Burg, Kirche 
und Kapelle, an manches „Brünnl" knüpfen sich 
fromme Erinnerungen an jene Zeiten voll Begeisterung, 
in denen der Ritter, das Kreuz am starken Arme, 
tapferen Degen reiche Geschlecht führt ja die sogenannte 
„Mauerkrone" als Ehrenzeichen im Wappen zur 
Erinnerung, dass ein Konrad II. Weissenwolff bei 
dem Heereszuge des Kaisers Friedrich II. nach dem 
Oriente die Mauern der Stadt Damaskus in Syrien 
als erster der Eroberer überstiegen hatte. — Keinen 
Blick abgewendet von der alten Hochburg an der 
Berglehne. Dort oben hauste einst das wackere Ge 
schlecht der Kapellen, die im 13. Jahrhundert die 
angesehenste Adelsfamilie im unteren Mühlkreise 
bildeten. 
Ulrich II. von Kapellen, der „Lange" genannt, 
war es, der als Befehlshaber der ans 60 Reitern be 
stehenden Nachhut des kaiserlichen Heeres in dem 
Augenblicke, als die Entscheidungsschlacht auf dem 
den frommen Glauben in der Heldenbrust, wie ein 
Cherub das geweihte Schwert ergriff, der Landmann 
die Pflugschar mit der Lanze vertauschte, die Mönche 
ihre Einsiedeleien, die Nonnen ihre stillen Zellen ver 
ließen, der Mann von der Gattin, das Kind von 
den Eltern sich trennte und alle diese Begeisterten des 
Abendlandes in den Donnerruf ansbrachen: „Ins 
Morgenland, ins Morgenland, Gott will es". Doch 
Tausende der Kreuzfahrer, die auf der heiligen, vom 
Fuße des Gottmenschen geweihten Erde gewandelt, 
haben die heimatliche Scholle nimmer gesehen. Sie 
sind den Heldentod gestorben auf fremder Erde für 
ihre höchsten und schönsten Ideen. 
Doch sieh, hoch vom linken Stromufer grüßt die 
Romantik des Kreuzritterthums im Schlosse Steyr 
egg herab. Ein Edelgeschlecht ist seit 1634 bis heute 
dort erbsäßig, die 1646 in den Grafenstand erhobene 
Familie Ungnad von Weissenwolff. Dieses an 
Marchfelde — 14. August 1278 — für Kaiser Rudolf 
von Habsburg ungünstig stand, dieser von den Feinden 
umzingelt und am Leben hart bedroht worden war, 
im Vereine mit Heinrich von Liechtenstein mit aller 
Kraft deutschen Schwertes die Reihen der Feinde 
durchbrach, den Kaiser heraushieb, die weichenden 
Scharen der Oesterreicher wieder zum Anstürme er- 
muthigte und so den Sieg zugunsten Rudolfs ent 
scheiden half. Der dankbare Kaiser belohnte den Ritter 
Ulrich von Kapellen mit vielen Vorrechten und Gnaden, 
ernannte ihn zum Landeshauptmann (Landrichter) von 
Oberösterreich. 
Im Jahre 1770 machte ein Blitzstrahl das hohe 
Bergschloss fast zur Ruine. Stille ist es geworden auf 
der alten Herrenburg, die einst laute, fröhliche Tage 
gesehen, wenn die österreichischen Herrscher als Jagd 
gäste des Burgherrn dort erschienen. Ein Neuschloss 
am Fuße des Berges und am Saume des kleinen
	        
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