Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1896 (1896)

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„Der hätte es nöthig, zu wissen, was der Pfarrer 
brachte," meinte der Schaufler; „der möchte wohl 
Nachschau halten, ob er nicht noch einmal fünf Joch 
Gründe oder das Geld dafür nehmen könnte." 
„Thu' dem Vetter nicht Unrecht!" wehrte Lore. 
„Ec hat uns mit den fünf Joch nicht Unrecht gethan, 
sie haben ja zu seinem Hanse gehört." 
Abends war der Straßhofer wieder da und Ploni 
lief gerade den Weg zum Bergmört herunter. 
„Jetzt haben alle Vetterleute Geld," fieng Ploni 
an; „der Vetter Mört hat das seine, was wir ihm 
schuldig waren, der Vetter im Straßhof hat auch 
heute Geld gehabt, weil die Wagenschmiere auf dem 
Wagen steht, und wir haben soviel Geld im Hanse, 
wie es seit Weltbestand nie da gewesen." 
Der Straßhofer stieg vom Wagen, Ploni reichte 
ihm eine Papierhüllung mit den Worten: „Das 
hat der Pfarrer gestern gebracht." Darauf stand 
geschrieben: „An das Hochwürdige Pfarramt Almau." 
Innen war eine zweite Hüllnng mit der Aufschrift: 
„Die inliegenden tausend Gulden gehören als alte 
Schuld den Schauslerleuten auf der Straßsölde in der 
Almau." 
„Es waren wirklich tausend Gulden dar'n," be 
theuerte Ploni; „der Mört kann uns nun nicht mehr 
um das Haus einklagen und wir können uns noch 
weit mehr als zwei Kühe kaufen." 
Auch der Schaufler und Lore kamen aus dem 
Hause und vergaßen in freudiger Erregung der 
trennenden Kluft, die sich nie ganz zwischen ihnen und 
dem Straßhofer geschlossen hatte. 
„Da seid Ihr wirklich herzlich zu beglückwünschen, 
dass sich eure Lage so schnell ins Bessere verkehrt hat 
und das schöne Lied des Schäfers wieder einmal wahr 
geworden ist." 
„Und so schnell, nachdem wir wieder aufs neue 
zu beten angefangen haben," meinte Ploni. 
„Von wem wohl das Geld kommen mag? Es ist 
von Salzburg abgegangen," sagte der Schaufler. Der 
Straßhofer wendete die Papierhüllungen hin und her, 
las wiederholt die Aufschrift, und meinte schließlich, 
es könnte ein Ersatz von der reichen Doctormamsell 
sein, durch welche der Student unglücklich geworden 
und das Haus so sehr in Schulden gerathen. Freilich 
habe ich auch dabei mitgeholfen, meinte er, und ich 
möchte es auch gutmachen. Weißt du wie? Ploni!" 
Verwundertes Staunen. Nach einer Weile sagte 
der Straßhofer: 
„Ich wüsste einen Bräutigam für dich, der etwas 
hat und dich zeitlebens als kostbares Kleinod auf den 
Händen tragen würde; nur etwas alt ist er schon." 
„Ich gehe von der Almau nicht weg," entgegnete 
Ploni. 
„Ist nicht nöthig, ich weiß, dass er herkommen 
würde." 
„Am Ende spielt er," meinte Lore, „wie du, 
Vetter, gespielt und dadurch meinen Bruder ins Unglück 
gebracht hast; den mag Ploni ebensowenig, als ich 
einstens dich." 
Der Straßhofer verzog bei diesen Worten das 
Gesicht etwas, er wusste ja, dass Fritz, der Student, 
nicht so sehr durch das Spiel, als durch das Weibs 
bild war unglücklich geworden, was jedoch Lore aus 
mancherlei Gründen umgekehrt deutete. Doch sagte er: 
„Ich weiß genauest von ihm, dass er seit zwanzig 
Jahren kein Spiel mehr berührt hat und nie mehr 
berühren wird. Ueberlegt also!" 
Das war nun ein Berathen und Hinundhersinnen 
im Schauflerhause! Leopold meinte zuerst, es könnte 
gar ein Anstauber sein, da hier noch kein solcher wäre, 
oder ein jüdischer Holzwurm, der es auf den schönen 
Wald abgesehen hat. 
Dem trat Lore entgegen, dass kein Jud ein Christen 
mädel heiraten könnte, und an so was denke gewiss der 
Vetter im Straßhof nicht und auch an keinen An 
stauber, da er von solchen schon selbst war öfter in 
die Prelle genommen worden. Vielleicht verkauft der 
Mört, bei dem die Schulden immer mehr werden, den 
verlassenen Steinbruch, und wenn ein tüchtiger Mann 
darauf käme, hätte sie nichts dagegen. Doch Ploni 
schnitt alles Berathen kurz mit der Erklärung ab, dass 
sie lieber gar keinen nehme, außer er sehe dem Straß 
hofer Vetter gleich. 
„Nun, dann wirst du in alle Ewigkeit ledig fein!" 
schloss die Schauflerin. 
Nach einigen Tagen hielt der Straßhofer wieder 
an der Straße mit der Frage, welche Nachricht er dem 
Bräutigam zu bringen hätte. 
„Ja, Vetter!" hub Lore an, „ich getraue mir kaum 
zu sagen, was das Mädel von ihrem Mann denkt! 
Denk' dir einmal, er muss dir gleichsehen, damit 
sie ihn mögen könne!" Und sie schlug beide Hände 
zusammen. 
Der Straßhvfer stieg wieder vom Wagen. 
„Nun, nun, liebe Lore! wäre denn das ein Un 
glück für dich gewesen, wenn du vor zwanzig Jahren 
anstatt dich in blaue Augen und gelbe Haare zu 
verschallen, meiner Liebe zu dir nachgegeben hättest, 
wenn es jetzt für Ploni Unrecht wäre? Schau, ich 
hätte lange heiraten können, wenn das Andenken an 
die Lore mich nicht zurückgehalten hätte. Und die 
Sache mit den fünf Joch kam daher, dass mich der 
Vetter Mört mit dem Worte „Studentenmamsell" 
schnell überrumpelte. Freilich hätte ich es nach besserem 
Einsehen gutmachen sollen, allein Furcht vor der 
Welt hielt mich bisher zurück; nun soll es geschehen!" 
Lore wurde sich inne, keine kleine Ungeschicklichkeit 
oder geringe Grobheit dem Vetter gegenüber begangen 
zu haben und sagte daher, um den Fehler gut zu 
machen: 
„Hat mich unendlich gefreut, dass du so fleißig 
zur Mission gefahren bist, die Salzstöcke und das 
Riemenzeug allein haben cs nicht gemacht, und so 
wirst du sicher deinen Segen davon haben, wie er 
bei uns schon angefangen hat. Die tausend Gulden 
kommen auch von der Mission, meint der Pfarrer." 
Der Straßhofer schaute Lore eine Zeit lang prüfend 
an. Dann sagte er: „Also, muss ich die Heirat ab 
sagen?" 
„Das noch nicht, da wir alle zu dir Vertrauen 
haben und daher auch dein Bräutigam recht sein 
wird; doch rede mit Ploni selber darüber, damit es 
recht werde und nicht wieder so großes Unheil nach 
komme, wie es nach meiner Verheiratung geschehen." 
Der Straßhofer fuhr weiter; Lore schaute ihm nach 
5*
	        
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