Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1896 (1896)

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i,,,. 
er Haiser 
in Linz. 
iner der 
schönsten 
Tage des 
Jahres 1895 
war für die 
Landeshaupt 
stadt Linz der 29. Mai, an 
welchem Tage ihr das hohe 
Glück zutheil wurde, den 
geliebten Landesvater in ihrem Weichbilde begrüßen 
zu dürfen. Das letztemal war Seine Majestät am 
1. September 1883, anlässlich des Volksfestes und 
der oberösterreichischen Landes- und Gewerbe-Aus 
stellung in Linz. Diesmal erfolgte der kaiserliche 
Besuch anlässlich der feierlichen Eröffnung des ober 
österreichischen Landesmuseums. Dass dieser Tag für 
die Bewohner der Landeshauptstadt ein Festtag war, 
ist wohl selbstverständlich. Aber auch auf dem Laude, 
zumal in der Umgebung von Linz, hat die Nachricht 
„der Kaiser kommt" allgemein hohe Freude erweckt 
und man konnte kaum mehr den Tag erwarten, an 
dem sich Unzählige nach der herrlich geschmückten Stadt 
begeben wollten, um den geliebten Landesvater zu 
sehen. So ist der Festtag für Linz zum Festtage 
fürs ganze Land geworden. 
Herrlich stieg die Sonne an diesem Freudentage 
über die Höhen des Pfennigberges und so war der 
letzte Wunsch der Bevölkerung erfüllt, dass nämlich 
auch günstige Witterung des Festes Glanz noch er 
höhen möge. Schon in den frühesten Morgenstunden 
strömte eine ungezählte Menschenmenge durch die zum 
Staatsbahnhofe führenden, festlich decorierten Straßen, 
in welchen um die achte Morgenstunde vom Bahnhöfe 
bis zum Museum die Mitglieder der verschiedenen 
Vereine und Corporationen aus Linz und Umgebung, 
sowie die Schul- und studierende Jugend mit ihren 
Lehrern im Festgewande behufs Spalierbilduug Auf 
stellung nahmen. Der Staatsbahnhof selbst prangte 
im herrlichsten Flaggenschmucke und der geschmackvoll 
decorierte und mit Teppichen belegte, in einen Pflanzen 
hain umgewandelte Perron bot mit den dort in Gala 
uniform aufgestellten ordensgeschmückten Generälen, 
Staatsbeamten und den im schlichten Frack erschienenen 
Vertretern der Gemeinde ein geradezu fesselndes Bild. 
Kurz vor halb 9 Uhr fuhr Se. Excellenz der Herr 
Statthalter Freiherr von P u t h o n am Bahnhöfe vor 
und begab sich durch den Hofsalon directe auf den 
Perron, woselbst sich bereits Unterrichtsminister Ritter 
von Madeyski, der hochwürdigste Herr Bischof 
Dr. Doppelbauer, Landeshauptmann Abt Ach 
te uthn er, Generäle, das Officierscorps und Staats 
beamte, ferners Bürgermeister Poche mit sämmtlichen 
Gemeinderäthen zum Empfange Sr. Majestät ein 
gefunden. Rechts vom Hofwartesalon, vor welchem 
unter Palmen die Büsten des Kaisers und der Kaiserin 
aufgestellt waren, hatte die Ehrencompagnie des Tiroler 
Kaiserjäger-Regimentes mit der Regimentsmusik in 
Parade und mit Feldzeichen geschmückt, Aufstellung 
genommen. 
Athemlose Spannung hielt die am Perron Ver 
sammelten und die vor dem Bahnhöfe angesammelte 
Menschenmenge in Bann, als das Signal zur Ein 
fahrt des Zuges gegeben wurde und kurz darauf um 
9 Uhr der aus vier Waggons bestehende Hofseparat 
zug unter den Klängen des Generalmarsches und der 
Volkshymne einfuhr. Sobald der Zug beim Hof 
wartesalon zum Stehen gebracht wurde, entstieg dem 
Hofsalonwagen Se. Majestät der Kaiser, welcher 
die Marschallsuniform trug, gefolgt von Höchstseinem 
Bruder, dem durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Karl 
Ludwig. 
Seine Majestät schritt nach vorheriger Begrüßung 
durch den Unterrichtsminister und den Statthalter 
unter den Klängen der „Volkshymne" die Front der 
ausgerückten Ehrencompagnie ab, begab sich sodann 
zu dem Bürgermeister Poche, welcher in einer herz 
lichen Begrüßungsrede Sr. Majestät die erste Hul 
digung der Bevölkerung von Linz zu Füßen legte 
und Se. Majestät bat, die Versicherung der unwandel 
barsten Treue und Ergebenheit der Bevölkerung aller 
gnädigst entgegenzunehmen. 
Se. Majestät geruhte hierauf zu erwidern: 
„Ich danke Ihnen für die Kundgebung der treuen 
Anhänglichkeit, welche Sie Mir im Namen der stets 
loyalen Bevölkerung der Landeshauptstadt entgegen 
gebracht haben. Es gereicht mir zur besonderen Freude, 
daß ein bedeutender Erfolg, welchen diese Stadt und 
das Land auf dem Gebiete der Wissenschaft und Kunst 
erreicht haben, mir den Anlass gibt, Linz wieder zu 
besuchen." 
Sodann geruhte Se. Majestät die anwesenden 
Würdenträger mit Ansprachen auszuzeichnen und ver 
ließ hierauf unter den Klängen der Volkshymne den 
Bahnhof, um mit Erzherzog Karl Ludwig durch die
	        
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