Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1893 (1893)

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Bild) am anderen Ufer steht und dessen wuchtige, weiß- 
schimmernden Felsenglieder der See wiederspiegelt. Die 
Bucht von Altmünster gürtet eine ununterbrochene Kette 
von niedlichen Villen und Seeschlösschen; — wohl 
jenem, dem es vergönnt ist, auf so einem lauschigen 
Plätzchen seine Ferien zu verträumen! 
° Zu Füßen des kahlen Sonnensteins, dessen schmuckes, 
grünes Kleid ein Waldbrand in Asche legte, liegt in 
der krystallhellen Seeflut, malerisch auf die Felsblöcke 
hingelagert, das schönste Dorf Oesterreichs, Traun 
kirchen. Wenn Du, Fremdling, die Mühe nicht 
scheu'st und hinaufkletterst ans den mitten im See 
stehenden Johannes 
berg, auf dem ein altes 
Kirchlein aus hell 
grünendem Buchen 
wald hervorblickt, so 
wartet Deiner ein 
prächtiger Anblick. 
Gegenüber der Traun 
stein, dessen breite Ge 
stalt sich zu einer 
düsteren Stein 
pyramide verschoben 
hat; vor Dir stunden 
lang ein blaues Meer, 
überflutet vom 
Sonnengold; nur hie 
und da ein weißes 
Pünktchen, ein Segel 
schiff, das unbeweg 
lich auf dem Wasser zu 
liegen scheint und dort, 
wo das stillruhende 
Wasser plötzlich ein 
Wirbel erfasst und es 
hineinreißt in die 
Schleusen der Traun, 
dort im Arme grüner 
Hügel das „Luzern des 
Salzkammergutes", 
Gmunden mit seinen 
hellblitzenden 
Mauern!" 
Grau und düster steht am Strand die alte Abtei, 
auf die Scheffel in „Frau Aventüre" („Am Tram - 
see", II.) anspielt: 
Schweigend treibt mein morscher Einbaum, 
Klar und ruhig wogt der See, 
Purpurbraune Äbendschatten 
Färben der Gebirge Schnee. 
Eines Eiland's Klosterhallen 
Dämmern aus der Flut hervor, 
Münsterglocken hör' ich schallen 
Und der Schwestern frommen Chor. 
8swpiterns fons amoris,. 
Consolatrix tristinm 
Pia mater salvatoris, 
Have, mater virginum! 
Summend, singend, rein verklingend, 
Süß ersterbend, kommt der Ton, 
Luft und Welle fuhren schwingend 
Seinen letzten Hauch davon. 
Und die Rechte senkt das Ruder, 
Im Gebete schweigt das Herz 
Und mir ist, als trügen Engel 
Eine Seele himmelwärts. 
Wenige Orte haben so eine schöne Frohn- 
leichnams-Procession wie Traunkirchen. Da 
wandelt der Heiland zum zweitenmale über die Wogen, 
aber diesmal zieht er mit einem Gefolge von unzähligen 
Booten auf dem blumengeschmückten Festschiff segnend 
dahin. Die rothen Kirchenfahnen und bunten Wimpeln 
flattern in den Lüften, die weißgekleideten Mädchen 
bestreuen den See mit duftenden Frühlingsblüten, 
eine weiße Wolke von 
Weihrauch u. Blumen- 
duft umschleiert das 
hehre Bild, und an den 
Felsen, die wie Riesen- 
altäre in der Flnt da 
stehen, hallt das Evan 
gelium, der Volks 
gesang: „Deinem Hei 
land, deinem Lehrer", 
das Glockengeläute und 
der Donner der Pöller 
wieder. 
Wenn wir durch 
die Tunnels der Salz- 
kammergutbahn den 
Sonnenstein durch 
schneiden, oder auf der 
hochromantischen 
Knnststraße, wo der 
steinerne Löwe auf der 
Wacht steht, ihn um 
geh« n, kommen wir zur 
zweiten kleineren Hälfte 
des See's. Dort liegt 
des Traunsee's süd 
licher Markstein, das 
belebte Pfarrdorf 
Ebensee, die Heimat 
tüchtiger Holzschnitzer, 
überschattet von einer 
weißen Wolke, gebildet 
vom Rauche, der ans dem großen Salzsudwerk empor 
steigt. Wer schöne Waldgruppen, durchbraust von einem 
schäumenden Wasserfall, sehen will, der fahre zum nahen 
Rinnbach. Das südliche Seebild ist keine so reizvolle, 
gelungene Vermählung des Lieblichschönen von Hügelland 
und Wiesengrün mit der Starre und Wildnis klüftereicher, 
seeentstiegener Bergkoloffe, wie der Anblick des Traun 
see's vom Nordufer, hier wiegt die Steinwelt, die 
wildschöne Poesie des Königsee's, vor. 
Am Ostufer fahren wir wieder zurück, vorüber 
an langen Felsenmauern, die senkrecht aus der Nacht 
der Fluten steigen. Dort, wo es im schneeigen Gestein 
wie rother Marmor niederleuchtet, machen wir Halt, 
Hier meldet uns eine Tafel: „Aufstieg zum Rötelsee." 
Haben wir die steile Höhe erklommen, so öffnet sich 
der Schoss des Felsens und ausgerüstet mit Spänen 
und Feuerwerk steigen wir hinab zum unterirdischen 
See, auf dessen schwarzen Wogen ein Bot sich schaukelt. 
Keine Blume, kein grünes Blatt schmückt sein Ufer; 
Hrcrunkirctzen.
	        
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