Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1886 (1886)

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Im Jahre 303 brach unter Kaiser Diokletian 
die letzte, große und allgemeine Christenverfolgung aus. 
Der kaiserliche Präfect in Ufer-Noricum, Aquilinus, 
liess zu Laureacum nach Christen suchen nnd nahm 
40 derselben gefangen. Sie wurden eingesperrt und 
bis in die Jetztzeit zeigte man zu Ens unweit der 
Stadtpfarrkirche beit unterirdischen Felsenkerker, in 
welchem sie der Legende nach gefangen waren. Viele 
davon wurden gemartert und der Kriegstribun') 
Florianus, der auf die Nachricht davon aus Zeisel 
mauer in Niederösterreich") nach Lorch heraufgeeilt 
war, um seine Glaubensbrüder zu trösten und zu 
stärken, wurde am 4. Mai 304, nachdem ihn weder 
Verheißungen noch Drohungen und Qualen von Seiten 
des Präfecten Aquilinus vom christkatholischen Glauben 
hatten abwendig machen können, von der Brücke aus 
in die Ens gestürzt. 
Die Leiche des hl. Blutzeugen Florian, unseres 
ritterlichen Landespatrones, wurde durch eine 
christliche Frau namens Valeria zur Bestattung wol 
auf ihr Gut und zwar an den Ort gebracht, wo heut 
zutage das prachtvolle Chorherrnstift St. Florian steht. 
Im gleichen Jahre wurde der hl. Quirinus 
umwillen des christlichen Glaubens in den Ensstuss 
versenkt. Die Legende erzält von ihm, dass er vom 
jenseitigen Donauufer, also aus dem heutigen Mühl- 
viertl, in die Gegend von Linz herübergekommen sei 
und da die Lehre des Heiles geprediget habe. Bei 
einer solchen Predigt erschien einmal plötzlich eine 
feurige Zunge über seinem Haupte?) 
Auch der Boden Oberösterreichs ist also vom 
Blute heil. Märtyrer befeuchtet und dadurch mit dem 
Christentume befruchtet worden; wie viele hl. Blut 
zeugen aber zwischen Priel und Donau ihre reine 
Seele frohlockend unter Peinen zu des Himmels wonne- 
vollen Höhen emporgesandt, ist nur Gott allein be 
kannt. 
Viertes Capitel. 
Höerösterreich zur Zeit der WöMer- 
Mnderung. 
Im Jahre 313 gab Konstantin, der erste christ 
liche Kaiser, durch das Decret aus Mailand, der 
Kirche den Frieden und die Freiheit. Im ganzen 
Noricum, vornehmlich in den größeren Orten bildeten 
sich jetzt Christengemeinden, nnd bald entstanden katho 
lische Gotteshäuser, wurde regelmäßiger und feierlicher 
Gottesdienst gehalten. In Lorch waren wieder Bischöfe, 
deren Diöcese fast genau die heutige Diöcese Linz, das 
Mühlviertl ausgenommen, umfasste. Aus ihnen ist 
besonders ein Constantius (474—482) bekannt. 
Bor ihm und zu seiner Zeit hatte die Diöcese viele 
Drangsale auszustehen: Die Markomanen machten 
l) Ein höherer römischer Osficier. 
0 Dies gehörte eben auch bis über Wien (Favianis oder 
Vindobona) hinaus zur Provinz Noricum ripense. 
s ) Ein Bild, das bis vor wenigen Jahren im Rathaus 
saale zu Linz einen ehrenvollen Platz einnahm, zeigte diesen Mo 
ment nnd hatte die Umschrist: „Sanctus Quirinus, Episcopus 
Lauriaci Lincensibus ad ripam Danubii Evangelizat flammea 
super oaput lingua corruscante.“ 
wiederholte räuberische Einfälle über die Donau her 
über; gleiches thaten die Alemannen über den In. 
um das Jahr 400 drang der Westgothenkönig Alarich 
mit seinen Scharen in das schöne Land ein. Im Jahre 
432 empörten sich die Noriker gegen die römische 
Herrschaft, der Aufstand wurde aber von Aötins blutig 
niedergeschlagen. Um 453 besetzte der wilde Stamm 
der Rugier das Land nördlich der Donau und die 
Markomanen verschwanden. Ein Theil dieses Volkes 
zog sich weiter westwärts und erschien nachmals unter 
dem Namen Bojoaren oder Baiern. Im Jahre 
476 machte Odoaker, der Fürst der Heruler, dem 
römischen Kaiserreiche ein Ende. Er begründete ein 
deutsches Königreich in Italien, zu welchem 
auch die Provinz Norikum gehörte; auch die Rugier 
besiegte er. 
Mitten in das Dunkel dieser wirrvollen Zeit 
leuchteten zwei glänzende Gestirne am christlichen Himmel 
hinein: der heil. Valentin und der heil. Mönch 
Severin. Ersterer ein Mann voll flammenden Feuer 
eifers kam nach Batava castra (Passau), um dort den 
heidnischen, wie den vom Arianismus') angesteckten 
Bewohnern die reine Lehre Jesu zu verkündigen; allein 
er wurde zu wiederdolten Malen vertrieben. Severin 
dagegen war mit seinem Erscheinen an den Ufern der 
Donau glücklicher; Licht, Trost, Segen und Hilfe 
spendend wurde er den bedrängten Bewohnern der 
Donangegenden ein beschützender Engel. Der Ruhm 
seiner Weisheit, Gottesfurcht und wunderbaren Thaten 
strahlte weit umher; darum ward er selbst bei den 
Fürsten der Barbaren hochgeachtet. Severin liess keinen 
Flecken im Noricum nnbesucht; er kani von Favianis 
(Wien) oft nach Lorch und Passan; er errichtete 
mehrere kleine Klöster, d. i. Versammlungen von 
Mönchen, die sich mit Gebet, Feld- und Handarbeiten 
beschäftigten. So wie er bei Favianis, zu Batava 
castra und zu Boitro (Jnstadt bei Passau) solche 
Klöster errichtet hatte, ebenso wird er für den e r st e n 
Gründer des herrlichen Klosters St. Florian 
gehalten; denn dort bestand damals schon eine der 
ältesten Kirchen des Landes, über dem Grabe des hl. 
Blutzeugen Florian erbaut. 
Es ist wol zu merken, dass Severin im Noricum 
nicht erst aus Heiden Christen gemacht habe, sondern 
er hat dieselben schon, nicht nur einzeln, vielmehr in 
gebildeten Gemeinden, — versehen mit Kirchen, Priestern 
und mit wolgeordnetem Gottesdienste — überall ge 
funden, und aus seiner Lebensbeschreibung (durch Eu- 
gippius) geht deutlich hervor, dass es zu Laureacum 
einen Bischof, Constantius mit Namen, nnd eine 
Basilika (Kirche) gegeben habe. 
Als die heidnischen Alemannen") v on den oberen 
Donaugegenden her mit einem Ranbzug in das Noricum 
drohten, rieth der hl. Mann zur Flucht nach Laureacum, 
und sein Rath rettete Alles, was sich geflüchtet; die 
Zurückgebliebenen wurden entweder getödtet, oder in 
die Selaverei abgeführt. 
fl Die Arianer waren zwar Christen, läugneten aber die 
Gottheit Christi. 
2 ) Jetzt Baden, Würtemberg, Gegenden am Bodensee. 
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