Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1886 (1886)

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Wie es jetzt gewisse Abgrenzungen der Gegenden 
gibt, deren jede man dann mit einem eigenen Namen 
belegt, wodurch die Länder oder Provinzen entstehen 
z. B. Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Böhmen 
u. dgl. so teilten sich die Kelten cnlturell logischer der 
Bevölkerung nach in gewisse Partien ein; massgebend 
war der Stammvater oder Anführer, daher Stämme 
genannt. So bewohnte der Stamm der Halaunen') 
ungefähr die Gegenden des jetzigen Salzkammergutes; 
mehr in die steirischen und salzburgischen Gebirge hin 
ein wohnte der Stamm der Taurisker (Tauern) 
und endlich mehr der Donau zu und jenseits derselben 
besonders auch in: heutigen Böhmen der Stamm der 
Bojer. 
Jeder Stamm teilte sich in 3 Klassen der Be 
völkerung: Adel, Druiden und Volk. Die Druiden 
machten den Priesterstand aus. Sie besorgten den 
Götzendienst, welcher voller Geheimnisse und Heimlich 
keiten war. Es gab aber für denselben keine Tempel, 
sondern die Opfer — sogar Menschenopfer waren 
nichts seltenes — wurden in dunklen Wäldern oder 
auf Spitzen der Berge, auf Felsenaltären, dargebracht. 
Am Sauwalde, in der Gegend von St. Aegidi, wähnt 
man jetzt noch solche Druidenaltäre zu sehen. Höchst 
interessant und für uns merkwürdig ist die Geheim 
lehre im druidischen Heidentume: Einst werde eine 
Jungfrau einen Gott gebären. 
Zweit es Kapitel. 
Pie Wömer in Höerösterreich. 
Im Jahre 15 vor Christi Geburt sandte der 
römische Kaiser Augustus Kriegsvölker aus, um 
Norikum, — so nannten nemlich die Römer das 
Land von der Donau und dem In bis in's Pusterthal 
hinein — seinem Reiche einzuverleiben. In einem ein 
zigen Feldzuge war dies geschehen. Die Besiegten 
durften auf dem Grund und Boden ihrer Ahnen blei 
ben und ihre Religion, ihre Volkseinteilnng in Stämme 
und neue Landeseinteilung in Gaue beibehalten. Viele 
römische Familien verließen nun Italien und wurden 
in den herrlichen Gefilden Oberösterreichs unter dem 
Schutze des in zahlreichen Kastellen und befestigten 
Standquartieren garnisonierenden römischen Militärs 
sesshaft. Sie bildeten die herrschende Kaste im Lande, 
verschmähten es aber nicht, sich mit dem schönen Menschen 
schlag der Kelten durch wechselseitige Heirat zu ver 
mischen. Ueberdies wussten sie ihre Religion, ihre ver 
feinerten Sitten und Gebräuche den Kelten angenehm 
zu machen und bewirkten so, dass nach und nach das 
Keltentum im Lande verschwand. Auch von der Sprache 
der Kelten blieb fast nichts erhalten, in ganz Ober 
österreich wurde nun ein paar Jahrhunderte hindurch 
lateinisch gesprochen. 
Damals gab es aber auch schon bedeutende Städte 
in unseren best cultivirten Landen. Mehrere derselben 
hatten je eine römische Militürcolonie inne, welche aus 
6000 Mann Veteranen, Weiber, Kinder und Sklaven 
garnicht gerechnet, bestand. Wir wissen unter andern von : 
0 "«X, das Salz, deutet auf Stammvcrwandtheit der Kelten 
mit den alten Griechen hin. 
13ojodurum, die jetzige Jnstadt in Passau, 
welche weitaus größer war als sie jetzt ist. 
Laureaeum, das heutige Ens, an welches 
„Lorch" noch erinnert: Hier lag viel Militär, saßen hohe 
römische Behörden, blühten Handel und Gewerbe. In 
der Nähe von Ens ist das Dorf Enghagen; dort 
bildete die damals viel wasserreichere Donau eine große 
Bucht, welche den römischen Kriegs- und Handels- 
schifien auf der Donau als Stationsplatz diente. 
Stanacum, ein befestigtes römisches Lager in 
der Nähe von Engelhartszell. 
doviacum, ein bedeutenderer Ort an der 
Donau, dort wo heute das Dorf Schlögen steht. 
Marinianum, etwa bei Eferding. 
Lentia, das heutige Linz, war ein befestigtes 
Standquartier für römisches Militär, und lag auf 
dem Hügel über der Donau, wo jetzt das Schloß, 
die St. Martinskirche und die Gebäude der Römer 
straße stehen. Ueber die Zeit wann Lentia erbaut 
wurde, lässt sich keine b e st i m m t e Aussage machen; 
jedenfalls muß sie aber anno 164 n. Ch. schon be 
standen haben, weil sich in diesem Jahre der römische 
Kaiser Markus Aurelius, der dann 180 zu Wien 
(Vindobona) starb, daselbst längere Zeit aufgehalten hat. 
Er liess Lentia auch verschönern und vergrößern, so dass 
man sie ihm zu Ehren lange Zeit sogar „Aurelstadt" 
(Oppidum Aureliaaum) nannte. Ausgrabungen haben 
seither ergeben, dass die heutigen: Altstadt, Theater 
gasse, Lessinggasse, Klamstraße, Spitelwiese, (Spital 
wiese) und Steingasse Gebäude der römischen Lentia 
bedeckten. Auch bei einem Umbau am Florianerhause 
vor einigen Jahren und bei Erdaushebungen am 
Schläglerhause an der Landstraße am 19. Oktober 
1885 wurden römische Münzen gefunden. 
Ovilatus, nach dem Namen zu schließen größere 
Oekonomiegehöfte, richtiger aber ein römischer Jndu- 
strialort (wahrscheinlich besonders Waffenfabrik) in der 
Gegend von Kleinmünchen — Ebelsberg, als Vorort 
von Laureaeum. 
All diese jetzt genannten Orte waren durch eine 
gute Heerstraße im allgemeinen der Donau entlang 
und vielfach auch durch den Verkehr auf der Donau 
selbst miteinander verbunden. Sie waren zugleich 
Grenzfestnngen des römischen Reiches, denn jenseits 
der Donau, im heutigen Mühlviertel,_ hatten die 
Markomanerti) die dort sesshaften Bojer (Kelten) 
besiegt und teilweise vernichtet. 
Mehr von der Donau landeinwärts d. h. 
den Gebirgen zu lagen: 
Ovilabis, das heutige Wels; Vetimiana, ein 
größerer Ort zwischen Peteirbach und Voitsdorf. Tutatio, 
jetzt Klaus an der Steyr; Ernolatia, zwischen Win- 
dischgarsten und Spital am Pyrn — welche alle 
ebenfalls eine gute Straße verband, die dann über 
*) Die Markomanen waren ein Teil der Germanen also ein 
deutscher Volksstamm. Sie waren sehr kriegerisch, lebten 
noch unter ihrem Fürsten Marbod mehr von Jagd und Kriegs 
beute als von Ackerbau und Viehzucht, und deshalb mussten 
zunächst die Bewohner des Ufer-Norikum (der Teil Ober- 
österreichs zwischen Donau and Traun) stets auf ihrer Hut sein. 
Ihr Reich dehme sich damals weit über die Süd- und Ost- 
grenzen des jetzigen Böhmen aus.
	        
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