Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1886 (1886)

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Schuldienst in Jrritz als Schullehrer an und versah ihn durch 39 Jahre. Wegeu seiner hervor 
ragenden Leistungen zum Musterlehrer ernannt, setzte er mit unermüdlichem Eifer seine segens 
reiche Wirksamkeit fort und nachdem er so über ein halbes Jahrhundert als Lehrer thätig gewesen, 
wurde ihm als hohe Anerkennung seiner ausgezeichneten Thätigkeit eine entsprechende Auszeichnung 
zutheil. 
Es war am 3. November 1849, als im kleinen Marktflecken Jrritz im südlichen Mähren 
eine gar seltene Feierlichkeit, ein wahres Familienfest des ganzen Pfarrbezirkes, stattfand: Dem 
von Allen hochverehrten, ja mit kindlicher Dankbarkeit geliebten und sehr verdienten Musterlehrer 
Hrn. Franz Müller wurde nämlich die ihm verliehene „kleine goldene Civilehrenmedaille 
mit dem Bande" feierlichst an die Ehrenbrust geheftet. Allgemein war die freudige Theilnahme; 
Alles drängte sich zum Jrritzer Schlösschen, um dort der weltlichen Feier der Decorierung beizuwohnen 
— aber mehr noch eilten Alle zur Pfarrkirche, wo der feierliche Gottesdienst unter Theilnahme 
der Geistlichkeit und sämmtlicher Lehrer des Wolframitzer Decanates abgehalten wurde, um dort 
Gott dem Herrn zu danken für den so hoch verehrten Lehrer, der die Meisten der Anwesenden 
unterrichtet und erzogen; um Gott zu bitten, er möge ihn noch länger erhalten; wussten sie ja 
Alle, was sie dem guten Musterlehrer zu verdanken hatten! 
Durch 39 Jahre hatte er hier eine Generation nach der anderen unterrichtet und erzogen und 
dies mit dem segensreichsten Erfolge. Alle seine Kraft und Zeit widmete er seinem Berufe. Nicht 
zufrieden damit, in den vorgeschriebenen Schulstunden die vorgeschriebenen Gegenstände den Kindern 
beizubringen, hielt er noch täglich und zwar ganz ohne Entlohnung Nachstunden und an den Ferial- 
tagen 4 bis 5 Wiederholungsstunden, welchen die Jugend bis zum vollendeten 18. Lebensjahre bei 
wohnte, und in welchen sie nebst den gewöhnlichen Gegenständen auch noch Geographie, Geschichte, 
Naturlehre, Geometrie und Stereometrie lernten. Besonders aber war er bemüht, der ihm anver 
trauten Jugend tiefe Religiosität einzupflanzen und dies durch Wort und Beispiel. Mit welcher 
heiligen Ehrfurcht wurden die Kinder erfüllt, wenn er sagte: „Kinder, jetzt werden wir die heilige 
Religion vornehmen" und dann aufstand, sein Hauskäppchen, das er gewöhnlich beim Unterrichte 
zu tragen pflegte, abnahm, es auf den Tisch legte und es während des Religionsunterrichtes 
nicht mehr aufsetzte. Wie tief drangen seine Worte ein und wie überzeugend mussten sie wirken, 
da seine Schüler seine erbauliche Haltung beim Gebete, seine Andacht in der Kirche sahen und 
auch wussten, dass er keinen Tag vorübergehen ließ, ohne das Allerheiligste 
Sacrament in der Kirche zu besuchen. Wie wichtig musste ihnen der Religionsunterricht 
erscheinen, da ihr geliebter Lehrer eine solche Sorgfalt darauf verwendete, ihn auch in den 
Wiederholungsstunden gründlich vornahm und seinen Schülern in ihrem 18. Jahre bei ihrer 
Entlassung aus der Wiederholungsschule in einem geschriebenen Hefte als Vorbereitung 
aus das künftige Brautexamen einen Unterricht über das heil. Sacrament der Ehe mitgab. Des 
wegen war auch der Tag der Decorierung ihres geliebten Lehrers ein Freudentag für Alle. — 
Dass an dieser Auszeichnung des Jubilars besonders seine Kinder den wärmsten Antheil nahmen 
ist wohl selbstverständlich. 
Der älteste Sohn aus zweiter Ehe, Ernest, zu Jrritz am 30. Juni 1822 geboren, 
im Juli 1846 zu Wien zum Priester geweiht, las während des feierlichen Hochamtes beim Seiten- 
altare eine stille heilige Messe; der jüngste Sohn Karl, am 3. November 1826 geboren, wohnte 
als Theolog des 2. Jahrganges des Wiener Fürsterzbischöfl. Alumnates der Feierlichkeit bei, ebenso 
die übrigen Geschwister und zwar: 
Aus erster Ehe: Francisca, verehelichte Forstner, Kaufmannsgattin zu Groß-Enzers- 
dorf, welche am 3. Juni 1812 geboren, die Erhebung ihres Bruders zur bischöflichen Würde leider 
nicht mehr erlebte und Josefa, verehelichte Knoth, Viertlersgattin zu Unter-Tannowitz, welche, 
geboren am 3. März 1816, noch jetzt lebt; 
aus zweiter Ehe außer obigen beiden geistlichen Söhnen noch Hieronymus, über den 
heute noch das Urteil der Bevölkerung von Jrritz voran des dortigen Hochwürdigen Herrn Dechants, 
Jakob Kapusta, lautet: „Ein Mann voll lebendigen Glaubens, unverdrossensten Eifers in seinem 
Lehramte, nicht nur belobt, sondern bewundert selbst von seinen Vorgesetzten" ; 
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