Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1886 (1886)

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Hohenfurt; die Hochwürdigsten Herren: Weihbischof Dr. Haller von Salzburg, Feldbischof Dr. Gruscha, 
Bischof Dr. Binder von St. Pölten, Fürstbischof Dr. Zwerger von Seckau und Se. Enlinenz 
Cardinal Fürsterzbischof Ganglbauer von Wien. 
Inzwischen hatten sich im ersten Stockwerke des Bischofhofes als Vertreter Sr. Majestät 
des Kaisers Generaladjutant v. Popp; Monsignore Amoni, Sekretär der päpstl. Nuntiatur in 
Wien, als Vertreter Sr. Heiligkeit des Papstes; als Vertreter Ihrer Durchlaucht der 
Erzherzogin Maria Antoinette, Florenzo Freiherr von Gnagnoni, Se. k. Hoheit Erzherzog Johann, 
Minister Graf Falkenhayn, Statthalter Excellenz Baron Weber, Prinz Metternich, Baron Menß- 
hengen, und viele andere hohe Herren versammelt. 
In der Nähe des Sarges, der um halb 9 Uhr vom Paradebette im großen Speisesaale 
in die Vorhalle des Bischofhofes herabgetragen worden war, hatten sich die leidtragenden Verwandten 
aus Vorarlberg gruppirt. Im Vorhofe übernahmen gegen 50 Alumnen die dem großen Todten 
gewidmeten Kränze und trugen auch dessen Würden- und Ehrenabzeichen: Bischofhut, Mitra, 
Orden, u. s. w. Die Vertreter der katholischen Studentenverbindungen in Wien und Innsbruck 
übernahmen die Ehrenwache am Sarge. 
Um 9 Uhr wurde die erste Aussegnung des Hingeschiedenen Oberhirten durch den von 
großer Assistenz umgebenen Fürsterzbischof Cardinal Dr. Ganglbauer in der Vorhalle des Bischofhofes 
vollzogen. Unendlich schmerzlich hallte der ernste Trauergesang des „Miserere“ in uns wieder! 
Als diese Trauerceremonie vorüber war, verliess Bischof Rudigier von zweifachem Sarge 
umschlossen das Haus, in und aus dem er über 30 Jahre so ruhmvoll gewirkt. Der Sarg 
wurde auf den mit vier Rappen bespannten Leichenwagen gehoben, darüber flatterte, vom Giebel 
des Bischofhofes herabwallend, die schwarze Trauerfahne. Für den großen Bischof hatte der letzte 
Weg begonnen, auf dem ihm von den Armen der Stadt an bis hinauf zu den höchsten kirch 
lichen und staatlichen Würdenträgern ein überaus zahlreiches Geleite wurde. Sämmtliche Gewölbe 
in den Straßen, dnrch die sich der mächtige Trauerzug bewegte, waren geschlossen, wie Todten- 
lichter leuchteten die Gasflammen in das helle Tageslicht hinein und über der Stadt breitete 
sich ein Himmel aus so hell, so rein und klar, wie der Sinn des großen Mannes gewesen, 
der uns verlassen. Kopf an Kopf umsäumte eine mächtige Menschenmenge Straßen und Plätze: 
Ehrfurcht und Theilnahme war allenthalben auf den Gesichtern abgeprägt. An den Fenstern drängten 
sich Kopf an Kopf, selbst die Bäume der Promenade hatten sich dicht bevölkert; alles wollte ihn 
schauen den großen Bischof auf dem Gange zur letzten Ruhestätte. Ab und zu ertönten die ernsten 
Klänge der drei Musikcorps, welche in den Zng eingetheilt waren; die Psalmengesänge des Clerus, 
der einschliesslich der kirchlichen Würdenträger die Zahl von nahezu sechshundert erreichte, und das 
vieltausendstimmige Gebet der katholichen Vereine und der katholischen Bevölkerung aus Stadt 
und Land, welche in unabsehbarer Zahl an den Trauerzug sich anschloß, durchdröhnten gleich einer 
gewaltigen Schalllavine die Straßen und Plätze der Stadt — himmelwärts. 
Auf dem Franz Joseph-Platz bildete die Schuljugend, die der Hochselige Bischof ganz 
besonders in sein großes Herz eingeschlossen, ein zweites Spalier. Vor dem Eingang in den 
alten Dom, wo die Feuerwehren und die Arbeiter der Dombauhütte mit ihrem malerischen Leder 
schurzfelle und den umflorten Werkzeugen ihres Gewerbes die Ehrenwache übernommen hatten, 
hielt der Leichenwagen; der Sarg wurde herabgehoben und in den Dom übertragen, wo durch 
Cardinal Ganglbauer die zweite Aussegnung folgte. Todt hielt der große Bischof an seinem 
Namenstage den letzten Einzug in seine in Trauerschmuck gekleidete Kathedrale. Wie immer 
wurde ihm auch heute das Kreuz vorangetragen: diesmal geziert mit dem herrlichen Kranze, den 
die Stadtgemeinde Linz ihm gewidmet und getragen vom Stadtpfarr-Senior I. Mittendorfer 
— es war das Todtenkreuz! 
Beim feierlichen Requiem, welches von Sr. Eminenz dem Herrn Metropoliten Cardinal 
Dr. Cölestin Ganglbauer celebrirt wurde, gelangte Mozart's großes Requiem zur Aufführung. 
Direction, Solls, Chor und Orchester wirkten bestens zusammen, um das erhabene Tonwerk zu 
voller Geltung zu bringen. Wenn ein Herr W eilnb öck und eine Frau Spängler ihre Stimmen
	        
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