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bestehen in einem neuen Hochaltar, in dessen Mitte ober der Mensa eine Marmorplatte, breit
und hoch, mit Inschrift und Emblemen das Andenken des großen Bischofes verewigen soll.
Lange sah dann der Bischof hinauf an den, fast in unmittelbarer Nähe, das schmale
Thal begrenzenden, waldigen Höhen oft- und westwärts, besonders aber südwärts hinan zur Alpe
und Felsenspitze — Valüla. „Noch einmal auf die Valüla !" sprach Franz Joseph und — thal-
aus gieng es nach Gaschurn retour. In Gaschurn hatte der Bischof die eben vollendete neue
Pfarrkirche einzuweihen, das erste Amt und die Predigt zu halten. In dieser ermahnte er seine
Landsleute festzuhalten an den mannigfaltigen, guten Eigenschaften des Montavoner Charakters
und anzukämpfen gegen die bösen Eigenschaften desselben. Speciell empfahl er ihnen den Rosen
kranz. „Wo der Rosenkranz noch von der ganzen Familie allabendlich gebetet wird, das ist noch
ein Montavoner Haus; wo man den Rosenkranz nicht mehr in der Hand und kaum an der
Wand sieht, das sind keine Montavoner mehr. Wo zwei oder drei in meinem Namen beisammen
sind, bin ich mitten darunter. Welchen besseren Abendgast, welchen bessern Besuch könnt ihr haben
als Christus den Herrn? Wer solche Ehre nicht zu schätzen weiss, dessen Herz und Kopf sind
schief gestellt" rief er ihnen zu.
Zum Baue der neuen Pfarrkirche hatte der Bischof durch eine Reihe von Jahren einen
jährlichen Beitrag von 100 fl. gespendet. Sie ist recht hübsch und geräumig.I In Gaschurn
besuchte der Bischof Brüder und Schwestern, die noch alle lebten, Katharina ausgenommen, und
ein Bruder Joh. Anton, der anno 1831 starb und einen Sohn Victor hinterliess. Und heute
sind alle gestorben, Franz Joseph starb als der letzte! Sein Bruder Alois, gestorben
1870, ein Mann voll Begabung, seiner Zeit der berühmteste Schulmeister in Montavon, gewandt
in Schrift und Rede, hinterliess Söhne und Töchter: Ein Sohn, Bernard, ist derzeit k. k.
Notar in Dornbirn, ein zweiter Sohn, Othmar, 35 Jahre alt, ist Pfarrer in Götzis. Schwester
Christine, verheirathet mit I. Gantner in Schruns, hinterliess Söhne und Töchter: ein Sohn
ist Doctor der Medicin und praktischer Arzt zu Reutte in Tirol, ein anderer studiert in Wien
Chemie. Schwester Anna Maria, verehelicht mit Anton Graß, Lehrer in Bürs, hinterliess einen
Sohn Franz Graß, der 1873 als junger Priester und Schulkatechet in Bregenz beinahe plötzlich
starb. Abends zu einer blatternkranken Person gerufen, kam er unwol zurück, legte sich zu Bette
und erwachte nicht mehr zum Bewusstsein. Und Marianna hatte einen Verwandten geheiratet,
I. I. Rudigier. Aus einer glücklichen Ehe giengen drei Söhne hervor: Alois und Johann
Joseph leben noch heute und sind glückliche Familienväter, der dritte hieß Christian, mit einem
enormen Genie begabt allen Mitschülern weitaus voran, starb er als Hörer der Philosophie 1847 zu
Innsbruck.
Im Jahre 1870 gab Franz Joseph im Hirtenbrief clcko. 13. Februar selbst als Grund,
warum er noch nicht zum Concil nach Rom gereist sei, an „eine langwierige Unpässlichkeit, die
mich fast immer an das Zimmer fesselte." Und was eine Unpässlichkeit bei diesem so Willens
stärken, im Schmerz-Ueberwinden so geübten Manne zu bedeuten habe, können wir uns wol
vorstellen, oder vielleicht auch nicht. Der November des Jahres 1877 endlich erpresste dem
Dulder den Schmerzensruf: „Manns Domini tetigit me!“ „Die Hand des Herrn hat mich
berührt!" — Es war jenes schreckliche Nieren- und Blasen-Leiden zum verhängnisvollen Aus
bruch gekommen, das unseren guten Hirten zu Tode marterte. Der Bischof erholte sich jedoch
und stand wieder mehrere Jahre mitten im Arbeiten, Schaffen und Leben.
Die grösste Ehre für sie selbst nicht minder als für Ihn und wol seine grösste
Freude bereiteten Franz Joseph Clerus und Volk von Oberösterreich am 5. Juni 1878 zu
seinem 25jährigen Bischofsjubiläum". Er selbst schrieb darüber also: „Ich bin mit Kund
gebungen der Liebe völlig überschüttet worden; es ist unverdient. Die Diöcese sieht hinweg über
die Fehler und Gebrechen meiner Person und ehrt in mir den Nachfolger der Apostel, deren
Würde auch in einem unwürdigen Träger vorhanden ist. Ich fasse auf's Neue den Vorsatz, für
*) Habe am 11. August 1885 am Hauptaltare daselbst für Franz Joseph Messe gelesen und mir in jenen Tagen wieder
holt gedacht, dieser kleine Ort im abgelegenen Thal hat eine weit schönere, reinere und durch und durch stylgerecht gehaltene Kirche
als — in Oberösterreich sogar Städte!