Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1888 (1888)

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sie nach einer Kanne Wein, den sie mit noch vor 
handenem Waldmeister zum lieblichen Maitrank schuf 
und schritt dem Gefängnisse zu. Ein leiser Druck auf 
eine Feder öffnete die eisenbeschlagene Thüre aus 
Eichenholz und Lächeln erzwingend meldete sie das 
Unglück mit dem Vater, indem sie eine Tasse süßen 
Weines zu seinem Munde führte. 
Regungslos saß Andre da; endlich sagte er: 
Angela, noch vor einem Augenblicke wollte ich dich 
vor Groll zermalmen; da du es aber gut mit mir 
meinst, so sei die Erfrischung dankbar angenommen; 
und er schlürfte das süße Getränk in langen Zügen, 
das die Erregung in seinen Gliedern völlig dämpfte; 
dann fuhr er fort: da dein Vater für mich das Leben 
lassen muss, und. du das deinige auf's Spiel setztest, 
um mich dem Todesstreich zu entwinden, so erkläre 
und beschwöre ich dir, dass ich freiwillig dein Gefangener 
bleibe, so lange es dir gefüllt. Hältst du mich hier 
eingeschlossen, ist es mir recht, oder öffnest du mir 
ein Gemach in der 
Burg droben, werde 
ich vir dankbar sein 
und bleiben, denn 
ich sehe ein, dass 
ich ohne Lebens 
gefahr zu meinen 
Glaubensgenossen 
nicht mehr zurück 
kann. 
Angela war wie 
der zum Vater ge 
eilt. Diegewürzigen 
Waldkräuter,welche 
Agath immer bei sich 
hatte, hatte sein Be 
wusstsein aus tiefer 
Ohnmacht zurück 
gerufen. Ich fühle, 
sagte er, dass meine 
Lebenskraft er 
schöpft ist. Holt mir 
den Pater Maca- 
rius, dass er mir 
. den letzten Trost 
spende, und dann will ich in seine Hände das Bekenntnis 
ablegen, dass ich als katholischer Christ sterben will, 
wie ich gelebt habe. 
Es war bereits Dunkel hereingebrochen. Vom 
Wartthurme aus sah man in Brandröthen die Fort 
schritte der Bauernrotten, durch welche sich ein katho 
lischer Geistlicher nicht wagen durfte; und dennoch 
wird einer kommen, sagte Agath, und sie stieg in die 
Kellergewölbe nieder, drückte an gewisser Stelle an 
eine Steinplatte, welche sich nun zur Seite schob. 
Dieser Gang, sagte sie, führt hinab zur Schaumburg 
und noch eine Strecke weiter in die Ebene nieder. 
Er soll nun zur Himmelsstraße werden, durch welche 
der König Himmels und der Erde in die Burg ein 
ziehen soll, und mit einem Bündel Kienspänen trat 
sie die mühsame Wanderung durch den verborgenen 
Gang an, der beide Schwesterburgen, die Stauf und 
Schaumburg verband und der heute noch in der Sage 
fortlebt. Solche Rettungsgänge hatte in alter Zeit 
Miniwirtshaus. 
fast jede Burg oft unter Bächen und Flüssen gegraben, 
wie zu Burghausen unter der Salzach, um das Theuerste 
auf Erden, das Leben zu retten, wenn in blutigen 
Fehden Hab und Gut sammt der Felsenburg ober 
dem Haupte verbrannt war. Es mochte Mitternacht 
sein, als Agath an der Klosterpforte zu Pupping 
pochte Durch ihren Bericht, welcher auch die zahl 
reichen, am Vorabende gesehenen Brandröthen er 
klärte — weitere Kunde vom Ausbruche des Aus- 
standes hatte man noch nicht — war sie den Mönchen 
ein willkommener Bote, da kein Zweifel bestand, dass 
sie bei Ankunft der Bauern wenig Gutes zu hoffen 
Hütten. Sogleich versammelte sich der ganze Convent 
in der Kirche, der Vorsteher feierte das heil. Opfer, 
bei dem alle den Leib des Herrn empfiengen und in 
seine Hände den Schwur ewiger Treue am Glauben 
ablegten. Zwei Brüder, welche wirklich tags darauf 
von den stürmenden Bauernrotten misshandelt und 
verjagt wurden, waren zurückgeblieben, die anderen 
flüchteten beim 
Dunkel der Nacht 
in mehr sichere 
Gegenden. Pater 
Macarius nahm 
den Opferkelch mit 
dem Leibe des 
Herrn vor die 
Brust, ein blonder 
Jüngling von etwa 
zwanzig Jahren 
schritt vor ihm die 
Lampe tragend her, 
ein Laienbruder, so 
wie Agath folgten. 
Leises Gebet kürzte 
die weite unter 
irdische Wan 
derung, die sonder 
bare Procession mit 
dem heiligen Frohn- 
leichnam, an der die 
heil. Schutzgeister 
mögen Antheil ge 
nommen haben. 
Gegen Morgengrauen hatte man ohne Unfall die 
Stauf erreicht. 
Angela war inzwischen bemüht gewesen das 
Gemach würdig des Herrn Himmels und der Erde 
zu schmücken. Als die kleine Beterschar mit dem hohen 
Gaste eingetreten war, brachte Angela ihren Gefangenen, 
um Zeuge der erhebenden Feierlichkeiten bei Spendung 
der heiligen Sterbsacramente zu sein. Andre beobachtete 
kniend und mit Spannung die heilige Handlung. 
Schließlich sagte er: wie schön das ist, das haben 
wir nicht! Angela, du hast Recht gethan, mich doppelt 
gefangen zu nehmen, da ich aus dieser Gefangenschaft 
zu einem neuen anderen Leben erwachen werde. Nun 
wurde nach gegenseitigem Berathen beschlossen, in der 
Burg eingeschlossen zu bleiben, bis ruhigere Tage 
kämen. Schon nach wenigen Tagen bat Andre Pater 
Macarius um Unterricht in der katholischen Lehre, 
was auch geschah, so dass Andre schon nach wenigen 
Wochen das katholische Glaubensbekenntnis ablegte.
	        
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