Volltext: Józef Piłsudski Reden und Armeebefehle (Band IV / 1936)

AUS DER ZEIT DES POLNISCH-RUSSISCHEN KRIEGES 
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stehen wir an der Schwelle eines neuen Lebens, nachdem 
wir unsere Schwächen und unsere eigenen Mängel über¬ 
wunden haben. Glauben Sie aber nicht, daß die leichtere 
Arbeit — sie ist leichter, weil sie auf Befehl und im Pflicht¬ 
bewußtsein getan wird — von Dauer sein kann, wenn nicht 
auch jene schwerere vollbracht wird, die durch keinen 
Befehl erfaßt und durch keine Dienstpflicht verbindlich 
gemacht wird. 
Wie alle die Stimmen, die ich hier gehört habe, will auch 
ich Eintracht und Einheit. Ich glaube aber nicht, daß Ein¬ 
tracht und Einheit in der modernen Gesellschaft einseitig 
begriffen werden können. Ich halte es nicht für nützlich, 
sich selbst durch die Behauptung zu betrügen, daß „alle 
Katzen grau64 sind; denn so ist es nur, wenn — wie das 
Sprichwort sagt — Nacht ist und Dunkelheit den Blick 
verschleiert. Beim ersten Morgenschimmer kommt dann 
die ganze Vielfarbigkeit — wie beim Regenbogen — zu¬ 
tage, vom grellen Rot bis zum dunklen Violett. Grundlage 
der Einheit kann also nur eine Arbeit sein, die von nie¬ 
mand verlangt, daß er auf seine Persönlichkeit und auf 
seine Gedanken verzichte. Eine redliche Eintracht und Ein¬ 
heit kann sich nur auf Zusammenarbeit und nicht auf 
Vereinzelung stützen. Ich weile hier in Krakau unter Ihnen, 
und Krakau — dessen wollen wir uns erinnern — ist nicht 
nur die große, wundersame, herzberückende Grabstätte 
einer großen Nation. Hat doch der Dichter dieser Stadt 
—Wyspianski — gefordert, die Befreiung hei den Särgen 
der Vergangenheit zu suchen, und sei es auch um den Preis 
der Verkümmerung. Krakau ist eine moderne Großstadt 
und eine der Hauptstädte Polens. Gerade Krakau unter¬ 
scheidet sich von unseren anderen Städten dadurch, daß es 
dort immer am leichtesten war, eine Zusammenarbeit von
	        
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