Volltext: Józef Piłsudski Reden und Armeebefehle (Band IV / 1936)

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REDEN UND ARMEEBEFEHLE 
den ist. Das ist seine Pflicht. Die Beschränkung des Wil¬ 
lens und der Persönlichkeit des Soldaten geht noch weiter. 
Er darf sogar keinen Einfluß auf die Bildung der Regie¬ 
rung ausüben, weder von oben her durch ein zumeist ope- 
rettenhaftes „pronunciamento“, noch von unten her durch 
eine Massenaktion. So verstanden und organisiert, hat die 
Wehrmacht in der großen Prüfung des Krieges, die in der 
ganzen Welt im Schein der Feuersbrünste vor sich ging, 
ihre Probe bestanden, da gerade ihr — der Armee der gro¬ 
ßen Demokratien — der Sieg zufiel. Wem es in den Gren¬ 
zen eines so begriffenen Dienstes zu eng ist, der darf die 
Freiheit suchen, die kein Soldatenrock beengt. Eine solche 
Wehrmacht kann ohne Einheit nicht sein, sie kann gar 
nichts anderes als eine Einheit darstellen. Und dennoch 
feiern wir das Fest der Vereinigung unseres Heeres. Den¬ 
noch kann auch ich nicht umhin, tief gerührt zu sein und 
mich zugleich mit Euch dessen zu freuen, daß dieses Fest 
gekommen ist. Für mich aber bedeutet dieses Fest nicht 
die leicht ausführbare Vereinigung des Heeres, die ja auf 
einen Befehl hin vor sich geht, sondern die für unsere Ver¬ 
hältnisse schwierigere Vereinigung des ganzen Volkes. Es 
war nämlich nicht leicht, die Hemmungen zu überwinden 
oder aus dem Wege zu räumen, die unsere traurige Ver¬ 
gangenheit aus der Zeit der Unfreiheit hinterlassen hat; 
es war nicht leicht, über die Leidenschaften Einzelner, der 
Parteien, ja sogar ganzer Landesteile hinwegzukommen. Sie 
kennen mich, meine Herren, und Sie wissen, daß ich nicht 
zum Weinen neige; und dennoch, als das Leben des unab¬ 
hängigen Polen begann, habe ich bittere Tränen vergossen, 
daß die ersten Tage der Freiheit Polens aussehen könnten, 
als ob die Polen selber die Urkunde ihrer Knechtschaft und 
Vergewaltigung, die Teilungen Polens bestätigten. Heute
	        
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