Volltext: Józef Piłsudski Reden und Armeebefehle (Band IV / 1936)

AUS DER ZEIT NACH DEM MAIUMSTURZ 
253 
Das erste, was ich da herausgreife, sind die Rechte der 
Mutter. Wieviel Kinder versuchte ich zu überzeugen, daß 
ihre Mutter häßlich sei. Und wenn sie auch nicht hübsch 
war, so setzte sich jedes Kind hartnäckig dagegen zur Wehr. 
Ich habe nie ein Kind getroffen, das festgestellt hätte, seine 
Mutter sei häßlich; und wenn es auch das Wort „schön64 
nicht über die Lippen zu bringen vermochte, so stimmte 
es doch sofort mit mir darin überein, die Mutter sei „lieb66. 
Der Mutter Schoß, die mütterlichen Liebkosungen, die 
Zärtlichkeiten des Kindes, die das Mutterherz erfüllt und 
ausströmt; wenn das Kind ängstlich erwacht, sieht es beim 
ersten Blick die Mutter, die sich über sein Bettchen beugt, 
um es liebkosend zu besänftigen und zu beruhigen. Wenn 
das Kind schluchzt, so ist es die Mutter, die zu ihm spricht, 
um es einzulullen, an sich zu ziehen und das Schluchzen 
an der Mutterbrust ersterben zu lassen. Wie viele Erinne¬ 
rungen gibt es da! Wenn ich von den Müttern spreche, 
wie viele liebe Erinnerungen und liebe Erlebnisse vereini¬ 
gen sich zu dem, was mütterlich und lieb ist. 
Ich wende mich einem anderen Erlebnis zu, das uns so 
bedrückt, wenn wir Kinder sind. Wir alle haben Zeiten 
durchgemacht, in denen wir uns innerlich gebrochen fühl¬ 
ten, in denen die Brust schwer atmete, und wenn uns der 
Morgen zum Leben weckte, ließ er uns mit dem Gefühl 
einer schweren Last wach werden. Ein jeder hat das erlebt. 
Wenn aber dann in der schweren Wirklichkeit des Lebens, 
in den harten Tatsachen der Erfahrung, die Zärtlichkeit 
den Kummer überwindet, die Brust wieder befreit auf- 
atmen läßt und die Falten aus der Stirn streicht, wenn dem 
Menschen Hilfe zuteil wird, so daß er sich nicht mehr wie 
ein elender, lebensunfähiger Fetzen vorkommt, dann wer¬
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.