Volltext: Józef Piłsudski Reden und Armeebefehle (Band IV / 1936)

AUS DER ZEIT NACH DEM MAIUMSTURZ 
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sunggebenden Sejm beschlossen worden ist, hat den Abge¬ 
ordneten und Senatoren so viele Vorrechte und so viele 
Mittel in die Hand gegeben, jegliche Tätigkeit im Staat zu 
hemmen, daß — meiner Meinung nach — jeder Präsident 
zum Märtyrertum verurteilt ist. Was soll ich da erst von 
mir sagen, einem Manne, der leidenschaftlich seine Arbeit 
liebt, wenn sie rasche Ergebnisse bringt, der langes Gerede 
und Gefeilsche ohne Entscheidung und Wirkung nur mit 
Mühe vertragen kann? Ich habe schon damals festgestellt, 
daß ich zu einer solchen Arbeit nicht tauge und daß man 
andere Menschen suchen muß, die bei einem fruchtlosen 
Hin- und Herzerren nicht so leicht die Geduld verlieren; 
meiner Ansicht nach wäre der Versuch völlig hoffnungslos, 
die Abgeordneten und Senatoren davon zu überzeugen, sie 
müßten auf ihr Vorrecht verzichten, die Regierung in ihrer 
Arbeit zu stören, sie dürften den Präsidenten nicht mehr 
dazu mißbrauchen, zugunsten und zum Vorteil einzelner 
Parteien und sogar Klüngel mitzuwirken. 
Im Laufe der dreieinhalb Jahre9 die uns von jener 
Ihrer Äußerung trennen, d. h. seit November 1922, ist 
vielleicht nicht so sehr im Sejm selbst wie im Volk 
das Bewußtsein der tiefen Richtigkeit dieser Meinung 
gereift. Heute begreift man tatsächlich allgemein, daß 
das jetzige Parlament sein Leben damit beenden muß, 
diesen Fehler der Verfassung gutzumachen, d. h. die 
Rechte der vollziehenden Gewalt in der Person des 
Staatspräsidenten zu erweitern. Die öffentliche Mei¬ 
nung begreift9 daß nur unter dieser Bedingung eine 
Präsidentenwahl überhaupt möglich und zweckmäßig 
ist, zumal wenn Sie9 Herr Marschall, dieses Amt an¬ 
nehmen sollen.
	        
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