150
REDEN UND ARMEEBEFEHLE
um einer neuen Generation und einem neuen Leben Platz
zu machen.
Zweifellos, meine Herren, war der Zeitraum, den wir
während der abgelaufenen zehn Jahre durchlebt haben, so
abwechslungsreich, daß sich niemand den tiefen Wand¬
lungen alles dessen entziehen konnte, was sein Wesen be¬
stimmt. Das Alltagsleben eines jeden ist anders geworden, als
es vor zehn Jahren war. Und wenn wir uns vergegenwärti¬
gen, wie sehr solche neuen Gedanken und neuen Beschäf¬
tigungen unser ganzes heutiges Leben ausfüllen, so können
wir kühn und ruhig behaupten, wir haben es jetzt mit ganz
anderen Menschen zu tun, als mit jenen, die seinerzeit den
gleichen Vor- und Familiennamen trugen.
Gegen früher ist der graue Alltag des Lebens für einen
jeden ganz anders geworden als vor zehn, elf oder fünf¬
zehn Jahren. Jede der geringfügigen Angelegenheiten, aus
denen sich doch schließlich unser Leben zusammensetzt,
überdenkt und erledigt man heute anders. Die einstigen Sor¬
gen, die zum Beispiel mit der geringsten Reise verbunden
waren, sind verschwunden; man denkt heute anders über
die Alltagsarbeit, anders über die Freuden des Lebensge¬
nusses. Aber auch Ängste und Schmerzen, Lust und Über¬
schwang haben heute ein anderes „timbre“ als ehedem, for¬
men mit ihrem Meißel des Menschen Seele ganz anders
und machen aus ihm einen anderen, als er selber in der
Vorkriegszeit war. Körperlich sind wir vielleicht die glei¬
chen, aber als soziale Wesen, die notwendig und ständig mit
anderen Menschen in Verbindung stehen, haben wir uns so
gewandelt, daß man uns keineswegs mehr mit jenen physi¬
schen Personen vergleichen kann, die wir einst vor der
Weltkriegskatastrophe waren. Wenn ich das hier sage, meine
sehr geehrten Damen und Herren, so tue ich es nicht dar¬