Volltext: Józef Piłsudski Reden und Armeebefehle (Band IV / 1936)

AUS DER ZEIT DER ZURÜCKGEZOGENHEIT IN SULEJOWEK 145 
Tag erlabt. Ich vollbrachte den Sieg über einen Feind, vor 
dem andere zitterten. Darum wandte ich mich, als ich mein 
höchstes Staatsamt niederlegte, sofort der militärischen Ar¬ 
beit zu. Meine Fähigkeiten, mein Temperament, meine Er¬ 
fahrung machten mir die Arbeit leicht, ja, sie ließen mich 
die Luft leichter atmen. Meine Herren, ich habe diese Ar¬ 
beit verlassen, ich habe sie völlig aufgegeben. Ich habe mei¬ 
nen Abschied eingereicht und um meine Entlassung aus 
dem Heeresdienst gebeten. Warum? Die Pflicht des Solda¬ 
ten ist schwer. In Frankreich nennt man die Armee „la 
grande muette“ — die große Stumme. Der Soldat muß 
schweigen; Sie, meine Herren, die Sie Ihre Zungen unge¬ 
hindert gebrauchen dürfen, wissen gar nicht, wie schwer 
es manchmal dem Offizier und dem Soldaten in einem 
Lande ist, wo die Zunge im Munde so frei darauflos plap¬ 
pert; es ist schwer, nur ein stummer Zeuge dessen zu sein, 
was geschieht, das Herz, die arbeitenden Gedanken so ein¬ 
zuschnüren, daß nichts nach außen dringt, alles in sich zu 
verschließen. Seien Sie vorsichtig, meine Herren, mit die¬ 
sem Instrument, vorsichtig insbesondere mit den Zungen! 
Die Soldaten gehören zum Stande der Bürger ohne Rechte, 
während Sie, meine Herren, vollberechtigt sind. Ich trat 
ins Heer ein und habe ihm meine Arbeit gewidmet — jetzt 
verlasse ich seine Reihen. Warum? 
In dem Augenblick, da ich das Schloß Belvedere ver¬ 
ließ, die Stätte des Ruhms und der Ehre Polens, ist dort ein 
anderer Mann eingezogen, der in feierlichem, vom Sejm¬ 
marschall beurkundeten Akt gesetzmäßig erwählt wurde. 
Gemäß der Verfassung übergab ich ihm die Staatsgewalt. 
Ein anderer Mann trat an meine Stelle, um das ganze Volk 
zu vertreten, er betrat den Weg, den ich schon ein wenig 
frei gemacht hatte. Ich will nicht seine Tugenden noch 
\ 0 Pilsudski IV
	        
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