Volltext: Józef Piłsudski Das Jahr 1920 (Band II / 1935)

VORWORT 
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Das Buch Tuchatschewskys bildet infolgedessen eine Ge¬ 
schichtsquelle. Er gibt in ihm von seinen Feldherrngedan¬ 
ken und von seiner Führertätigkeit Rechenschaft. 
Aber seine ungewöhnlich abstrakte Arbeitsmethode schil¬ 
dert uns den Menschen, der — wie schon erwähnt — sein 
eigenes Hirn oder Herz zermahlt und sich von der täglichen 
Führung seiner Truppen lossagt oder auch diese Führung 
nicht zu leisten vermag. Das alltägliche Leben und Streben 
der Truppen steht nämlich nicht immer im Einklang mit 
den Gedanken und Absichten des Führers; im Gegenteil, es 
widerspricht ihnen oft oder wird durch Einwirkung des 
Feindes zum Widerspruch genötigt. 
Ich will damit nicht sagen, daß Herr Tuchatschewsky tat¬ 
sächlich seine Truppen auf diese Weise geführt hat; ich 
will auch nicht diesen mir gewährten Vorteil gänzlich aus¬ 
werten. Es fällt mir aber schwer, mich des Eindrucks zu 
erwehren, daß sehr viele Erscheinungen im Verlauf des 
Feldzugs von 1920 auf diese Neigung Tuchatschewskys, die 
Truppen auf so abstrakte Weise zu befehligen, zurückzu¬ 
führen sind. In meiner Führertätigkeit verspürte ich nie¬ 
mals eine ähnliche Neigung, und es wäre mir unmöglich, 
wenn es sich um Geschichtschreibung handelt, derart an 
meine Führung zu denken oder so über sie zu schreiben. Da 
ich mich nun entschlossen habe, die mir vorgeschlagene 
Arbeit anzunehmen, kann ich in dem von neuem auf dem 
Papier entbrannten Streit auf diese natürliche Überlegen¬ 
heit nicht verzichten, die mir die Analyse gestattet, meine 
Gedanken und meine geistige Arbeit mit der Tätigkeit der 
mir damals unterstellten Truppen und ihrer Führer zu ver¬ 
binden. 
Ich beschäftigte den Leser in diesem Vorwort so lange, 
ohne zum eigentlichen Inhalt überzugehen, um von vielen
	        
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