Volltext: Der Krieg und die Sozialdemokratie [25]

Sie wird nicht die empfindsame Rolle der Verkannten spielen. 
Mit Genugtuung hat sie davon Kenntnis genommen, daß be- 
sonders in der Regierung, aber auch in den Parteien, in den 
meisten wenigstens, der entschlossene Wille vorhanden ist, altes 
Anrecht rasch gutzumachen. Sie hat an dem Vorwurf der Reichs- 
feindschaft und der Vaterlandslosigkeit nie so schwer gelitten, daß 
sie über ihre Gleichstellung außer Fassung geraten wird. 
In einem Gespräch, das ich mit einem der bedeutendsten 
Vertreter der deutschen Wissenschaft hatte, meinte der alte Lerr, 
die Sozialdemokratie werde natürlich sofort nach dem Krieg mit 
einer großen Quittung für ihre.Haltung in den Saal der Friedens¬ 
verhandlungen stürzen. Das wird sie nun bestimmt nicht tun! 
So viel ist sicher: Wegen des gleichen Wahlrechts in Preußen 
hat die Sozialdemokratie keine Kriegskredite bewilligt. Das ist 
eine allererste Selbstverständlichkeit, daß die Regierung nach dem 
Kriege einsieht, daß die Nation nicht gerettet wird durch die nach 
dem Vermögen registrierte verschiedene Intelligenz der Wähler 
der 1., 2. und 3. Klaffe, sondern durch die Zahl starker Lände, 
die das Schwert führen können. Überhaupt hat die Partei nicht 
aus irgendwelchen taktischen Gründen, sondern weil sie die 
deutsche Sozialdemokratie ist und es immer war, den Krieg mit 
geführt. Es war für sie kein politischer Geschäfts-, sondern 
ein Nationalkrieg. Die Interessen der Arbeiterschaft fielen vom 
4. August an mit denen des Volkes zusammen. Ihre Lage ist 
außerordentlich einfach. Sie wird nach Friedensschluß nur ver¬ 
langen, daß aus dem Krieg alle natürlichen Konse¬ 
quenzen gezogen werden, nämlich daß alle Politik von dem 
Gesichtspunkt aus geleitet wird, ob sie in letzter Linie der großen 
Masse des Volkes zugute kommt. Nach der Erfahrung des 
Sommers 1914 gilt es, auf Jahrzehnte gerüstet zu sein. Wir 
wissen nicht, ob der führende Mongolenstaat Japan nicht schon 
in zwanzig Jahren oder früher mit den asiatischen Lorden Deutsch¬ 
land überschwemmt. Auf die pazifistische Wirksamkeit des japani¬ 
schen Sozialismus können auch starke Optimisten kein besonderes 
Vertrauen haben. Wehrkraft ist jetzt die Losung! Dazu braucht 
es Millionen gesunder Kinder des Volks. In dunkeln Woh¬ 
nungen und in den Winkeln der Mietskaserne blühen aber keine 
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