Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

29 
Das persönliche Interesse Descartes' ist mit der ersten Fassung; 
die Richtung seiner Lehre treibt nach der zweiten. „Während er 
sich Augustin zu nähern scheint, nähert er sich Spinoza wirklich." 
So haben wir selbst früher diesen Zug seiner Lehre charakterisirt *). 
Und eben dieser Zug hat sich ein eigenthümliches System 
ausgebildet, in welchem er sich deutlich und rein darstellt. Er 
beschreibt eine Richtung, die von Descartes ausgeht, aufAugustin 
zustrebt, dem Spinozismus aufs äußerste widerstreitet, gegen jede 
Gemeinschaft mit demselben sich sträubt und dennoch wider ihren 
Willen dem Gebiete Spinozas soweit entgegenkommt, daß sie 
schon die Grenze überschreitet. Der Standpunkt, den diese Rich 
tung nimmt, ist dadurch merkwürdig und bedeutsam, daß sich in 
ihm auf cartesianischer Grundlage Augustinismus und Spinozis 
mus ganz nahe berühren und ganz feindlich abstoßen. 
Wir finden die Aufgabe dazu schon in Descartes vorgebildet. 
Wie ist eine Erkenntniß der Dinge, insbesondere der Körper, 
möglich, wenn doch Geister und Körper Substanzen, entgegen 
gesetzte Substanzen sind, die einander völlig ausschließen? Of 
fenbar ist eine solche Erkenntniß von jenen beiden Seiten aus 
nicht möglich. Kraft der Natur der Geister und Körper kann 
sie nicht stattfinden. Descartes selbst hatte tiefsinnig gezeigt, 
wie in uns die Zdee des Vollkommenen das Unvollkommene er 
hellt, wie wir im Lichte dieser Idee unsrer eigenen Unvollkommen 
heit d.h. unsrer selbst innc werden, unsre Selbsttäuschung ein 
sehen, in Zweifel gerathen und erst durch den Zweifel zur Gewiß 
heit unseres denkenden Wesens kommen. Er hatte gezeigt, wie 
in dieser Selbstgewißheit uns durch die Idee Gottes und nur 
*) Vgl. Band I dieses Werks Th. I Zweites Buch Cap. XI Nr. 3 
Augustinismus und Spinozismus S. 515 — 519.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.