Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

459 
schen Erkenntniß bestimmt, wie sie aufdem Standpunkte Spinoza's 
nothwendig erscheinen: die ganze Metaphysik gleichsam des mensch 
lichen Irrthums, den Spinoza als das Gegentheil der wahren 
Erkenntniß begreift. Denn die Wahrheit erhellt zugleich sich und 
ihr Gegentheil. 
Jetzt haben wir die falsche Erkenntniß in ihren Ursachen 
kennen gelernt, nicht bloß den Irrthum, sondernden Grundirr 
thum. Und wir können von diesem Punkte aus das Licht auf die 
wahre Erkenntniß zurückfallen lassen und dieselbe im Gegensatz 
zur dunkeln erleuchten. So wie Kant seine Antinomien in- 
directe Beweise seiner Lehre von Raum und Zeit genannt hat, so 
könnte man Spinoza's Erklärung der inadäquaten Erkenntniß 
des menschlichen Geistes den indirecten Beweis seines Systems und 
seiner Methode nennen. 
Denn das contradictorische Gegentheil der falschen Erkenntniß 
ist die wahre, vorausgesetzt natürlich, daß es überhaupt eine wirk 
liche Erkenntniß giebt. Mit dieser Voraussetzung steht und fällt 
die Lehre Spinoza's. Die falsche Erkenntniß hat ihren Schwer 
punkt in dem Freiheitsbegriff und in den Zweckbegriffen, die beide 
Gattungsbegriffe sind und deren Verworrenheit theilen. Das 
contradictorische Gegentheil der Freiheit liegt in der ausnahmslosen 
Geltung der Ca u sali tät. Denn die Begriffe der Freiheit und 
der Causalität verhalten sich, wie die beiden contradictorischen Sätze: 
1) es giebt indeterminirte Handlungen, 2) es giebt keine indeter- 
minirten Handlungen, sondern Alles, was geschieht, ist durch 
gängig determinirt. Gilt aber die Causalität, so ist das contra 
dictorische Gegentheil der Zwecke oder der Endursachen (causae 
finales) diewirkende Causalität (causae efficientes), und zwar 
deren ausnahmslose Geltung. Diese Geltung behauptet die Lehre 
Spinoza's, und in dem Begriff der wirkenden Ursache liegt, wie
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.