Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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abstrakten oder allgemeinen Begriffe sämmtlich Theilbegriffe. Je 
kleiner der Theil ist, den sie vorstellen, d. h. je größer ihr Umfang 
und geringer ihr Inhalt, um so abstracter und allgemeiner sind 
diese Vorstellungen, um so inadäquater, unvollständiger, verwor 
rener. Dahin gehören vor allem die abstractesten Begriffe, die 
obersten Allgemeinheiten, die Spinoza „transscendentale Termini" 
nennt, wie Sein, Ding, Etwas u. s. f. Dann alle Gattungs 
begriffe, die sogenannten „notiones universales“, wie Mensch, 
Pferd, Hund u. s. f. Diese Gattungsbegriffe entstehen, indem 
sich die Unterschiede der Einzelvorstellungen in unserem Bewußt 
sein verdunkeln. Deutlich vorstellen heißt genau unterscheiden. 
Undeutlich vorstellen heißt ungenau unterscheiden. Und wenn 
die Unterschiede sich völlig verdunkeln, so erreicht die Undeutlichkeit 
der Vorstellung ihren Gipfel. Je allgemeiner die Vorstellungen 
werden, um so weniger wird darin unterschieden, um so mehr ha 
ben sich die Unterschiede der Einzelvorstellungen d. h. der Ideen 
der wirklichen Dinge verwirrt. Darum sind die allgemeinsten 
Ideen allemal auch die undeutlichsten und dunkelsten. Sobald der 
menschliche Geist eine bestimmte Anzahl von Vorstellungen nicht 
mehr genau unterscheiden kann, so fängt er an sie zu verwirren 
d. h. zu verallgemeinern, indem er ihre Unterschiede aus den Augen 
verliert. Jeder behält von den verschiedenen Dingen, die er vor 
stellt, gerade die Merkmale, die seine Aufmerksamkeit besonders 
erregt und beschäftigt haben. So verschieden daher die Interessen 
sind, mit denen die Dinge betrachtet werden, so verschieden fallen 
die Gattungsbegriffe aus. Und es ist daher kein Wunder, daß 
man von jeher über die Gattungen der Dinge so viele und so un 
fruchtbare Controversen geführt hat*). 
*) Eth. II. Prop. XL. Schol. I. pg. 112. 113.
	        
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