Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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*) Eth. II. Prop. XXXII - XXXV. 
außer uns. Wenn aber der menschliche Geist weder die äußeren 
Körper noch den eigenen noch sich selbst, also weder Geister noch 
Körper, also kein Ding adäquat erkennt: wie soll noch eine adä 
quate Erkenntniß der Dinge stattfinden können vermöge des mensch 
lichen Geistes? 
2. Die inadäquate Erkenntniß als Irrthum. 
Alle adäquate Erkenntniß ist wahr und alle inadäquate ist 
falsch. Der Satz ist so genau, daß er sich umkehren läßt. Alle 
falsche Erkenntniß ist inadäquat. Hieraus erhellt, worin der Irr 
thum besteht. Irrthum ist überhaupt nur im Denken möglich. 
Etwas positives kann er nicht sein, denn sonst wäre er ein wirk 
licher oder positiver Modus des Denkens. Da nun alle wirk 
lichen oder positiven Modi des Denkens (Ideen) in Gott sind, 
so müßte der Irrthum, wenn er positiv wäre, in Gott sein. Da 
aber alle Ideen in Gott wahr sind, so kann der Irrthum nicht in 
Gott, also auch nicht positiv sein. Wo aber gar kein Erkennen 
stattfindet, da ist der Irrthum ebenfalls unmöglich. Denn ein 
Anderes ist gar nicht wissen, ein Anderes ist irren. Der Irr 
thum ist weder positiv noch ist er die absolute Abwesenheit des 
Wissens. Er kann also nur bestehen in einem Wissen, dem etwas 
fehlt, in einem Mangel der Erkenntniß d. h. in einer mangel 
haften Erkenntniß, nicht „in absoluta ignorantia“, sondern 
„in privatione cognitionis“. Irrthum ist Mangel der wahren 
oder adäquaten Erkenntniß, d. h. er ist eine inadäquate oder ein 
solcher Mangel der Erkenntniß, wie ihn die inadäquaten oder 
verworrenen Ideen nothwendig mit sich führen. Alle inadäquate 
Erkenntniß ist demnach Irrthum (falsitas) *).
	        
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