Volltext: Descartes' Schule [1. Band. Zweiter Theil, zweite völlig umgearbeitete Auflage] (1,2,2 / 1865)

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paHie der Glaube an gute und üble Vorzeichen, und hier sehen 
wir den natürlichen Ursprung des menschlichen Aberglaubens. 
Der Aberglauben sagt: diese Dinge sind schlimm und verkünden 
Unheil, darum erfüllen sie uns mit Furcht. In Wahrheit verhält 
sich die Sache umgekehrt. Weil wir die wirkliche Ursache un 
seres Unglücks hassen, darum fassen wir einen Widerwillen auch 
gegen die Umstände dieser Ursache; darum werden gleichgültige 
Dinge Objecte unserer Antipathie, darum werden wir abergläu 
bisch, und die Dinge als Objecte des Aberglaubens werden be 
deutungsvolle Vorzeichen. Sehr gut sagt Spinoza: „ein jedes 
Ding kann zufälligerweise (per accidens) Ursache der Hoffnung 
oder Furcht sein*)." 
4. Hoffnung und Furcht. 
Wenn die Ursache unserer Freude oder Trauer, also das 
Object unserer Liebe oder unseres Hasses, noch nicht wirklich vor 
handen ist, aber bevorsteht, so werden auch die Affecte der Freude 
und Traurigkeit als bevorstehend empfunden. Diese Gemüths 
bewegung ist die Erwartung. Freudiges erwarten heißt hoffen; 
Trauriges erwarten heißt fürchten. Ist eingetroffen, was wir 
gehofft haben, so verwandelt sich die Hoffnung in Sicherheit. 
Ist das Gefürchtete eingetroffen, so wird aus der Furcht Ver 
zweiflung. Sicherheit (seeuritas) ist die Hoffnung, die nichts 
mehr zu fürchten hat. Verzweiflung ist die Furcht, die nichts 
mehr zu hoffen hat. So lange wir hoffen und fürchten, ist der Aus 
*) Eth. III. Prop. XY. Coroll. Prop. XYI. Vgl. über 
Sympathie und Antipathie Prop. XY. Schol., über die Sehnsucht 
Prop. XXXYI. Dem. Cor. Schol., über den Aberglauben Prop. L. 
Kollo!.
	        
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